Ausgabe Nr. 1
Juni 2005

Liebe Brüder und Schwestern in Christus. Frieden und Grüße aus Genf!

Ich freue mich sehr, Ihnen in dieser Ausgabe Dokumente von Ereignissen vorstellen zu dürfen, die uns auf unserer Reise der ökumenischen Verkündigung der stets guten Nachricht des Evangeliums inspiriert haben.

Das Erste dieser Ereignisse war die Schule für Evangelisation für die Kirchen in der Pazifikregion, die vom 10.-16. November 2004 in Suva, Fidschi, stattgefunden hat. Ich füge den Brief “Verkündigung des Evangeliums im Pazifik” bei, der an die Kirchen in der Region versandt wurde.

Wir werden natürlich in unseren Ökumenischen Briefen über Evangelisation auch eine ganze Reihe von Dokumenten veröffentlichen, die sich auf die Athener Weltmissionskonferenz beziehen, die vom 9-16. Mai zum Thema: “Komm, Heiliger Geist, heile und versöhne. In Christus berufen, versöhnende und heilende Gemeinschaften zu sein” stattgefunden hat. Weitere Informationen zu den dortigen Workshops (synaxeis) zum Thema Evangelisation werden folgen.

In dieser Ausgabe veröffentlichen wir den “Brief an die Kirchen”, den Sie auch auf unserer Internetseite www.mission2005.org finden, zusammen mit weiteren Informationen zur Konferenz sowie Vorbereitungsdokumenten und anderem Quellenmaterial zur Unterstützung unserer ökumenischen Evangelisationsarbeit. Außerdem drucken wir ein Interview mit Simon Barrow ab (Sekretär des Kirchlichen Missionsausschusses der Arbeitsgemeinschaft der Kirchen in Großbritannien und Irland). Im Mittelpunkt seiner Ausführungen steht das Konzept der “ganzheitlichen Evangelisation”.

Und schließlich haben wir zu Ihrer Information zwei nützliche Quellen zur Evangelisation abgedruckt. Einmal den vollständigen Bericht der Evangelisationsschule von Fidschi mit hilfreichen Artikeln, und zum anderen einen für die Weltmissionskonferenz veröffentlichten Text mit dem Titel “Evangelisation. Ein Programm zur ökumenischen Verkündigung des Evangeliums”. Die beiden Texte können bei uns bestellt werden. Kontakt: Denise von Arx (dva@wcc-coe.org)

Wir bitten den Herrn um die Gaben des Heiligen Geistes für unsere heilende und versöhnende Mission, die er uns aufgetragen hat.

Mit brüderlichen Grüßen,
Carlos Emilio Ham (cah@wcc-coe.org)
ÖRK-Referent für Evangelisation


SCHULE FÜR MISSION: VERKÜNDIGUNG DES EVANGELIUMS IM PAZIFIK, SUVA, FIDSCHI, 10.-16. NOVEMBER 2004Die Schule für Mission “Verkündigung des Evangeliums im Pazifik” fand vom 10.-16. November 2004 im Jovili Meo Mission Center des Pazifischen Theologischen Instituts, in Suva, Fidschi statt.

Der Ort eignete sich nicht nur wegen seiner idyllischen Lage auf den Fidschi-Inseln für die Arbeit der ökumenischen Bewegung (hier befinden sich das ÖRK-Regionalreferat für die Pazifikregion, die Büros des Pazifischen Rates der Kirchen und das Pazifische Theologische Institut), sondern auch wegen des erst kürzlich eröffneten Missionszentrums, das ideale Möglichkeiten für die Schule bietet, was Logistik, Räumlichkeiten, Ausrüstung sowie die Qualität des Mitarbeiterstabs betrifft.

Hauptziel des Seminars war es, das biblische und theologische Verständnis von Evangelisation als Aspekt der Mission zu reflektieren und zu erörtern. Wir hoffen, dass die Ergebnisse der Schule die Ortskirchen in ihren Bemühungen um eine ökumenische und frohe Verkündigung der Guten Nachricht des Evangeliums unterstützen werden. Das Seminar bot Gelegenheit, uns für die Erfüllung des Missionsauftrags zuzurüsten. Als Bürger des Gottesreiches sind wir zu Liebe, Gottesdienst und Gehorsam unserem Herrn gegenüber aufgerufen und dazu, allen Menschen auf der Welt das Evangelium zu bringen.

Eine der historischen gemeinsamen Hauptaktivitäten der CWME und des ÖRK- Programms für Mission und Evangelisation sind die Schulen für Evangelisation. Diese sollen authentische Evangelisation und verstärktes Engagement in der Praxis fördern. Sie werden in Zusammenarbeit mit ökumenischen Organisationen auf nationaler oder regionaler Ebene durchgeführt, um Multiplikatoren in den Kirchen zu befähigen, über ihren Auftrag in der Evangelisation und seine Umsetzung nachzudenken.

In den letzten Jahren gab es in der Pazifikregion eine wachsende Anzahl neuer Kirchen und neuer religiöser Bewegungen, die die Tendenz hin zu mehr Konfessionalismus verstärkten. Daher sind Mission und vor allem Evangelisation zu sehr sensiblen Themen geworden. Viele der Inseln sind zu Zielscheiben für nachdrückliche und agressive Evangelisationsbemühungen seitens vieler Kirchen aus dem “Westen” geworden, die einerseits viele Segnungen in die Region gebracht haben, andererseits aber auch viele Probleme mit den etablierten Kirchen verursacht haben, für die Proselytismus – den sie als “skandalöses Gegenzeugnis” betrachten — eine der größten missionarischen Herausforderungen darstellt.

Eine der wichtigsten Aufgabe dieser Schule zur Evangelisation in der Pazifikregion bestand daher darin, die Kirchen zu befähigen, im Zeugnis und in der Evangelisation mit einer Stimme zu sprechen.

Das Treffen wurde von Fei Tevi, dem ÖRK-Referenten für den Pazifik, Dr. Gert Rueppell, einem Kollegen von Ecu-learn und unserem Evangelisationsteam sorgfältig vorbereitet. Auch unseren Kolleginnen Denise von Arx und Malama Toma sowie unserer Praktikantin verdanken wir, dass dieses Treffen so erfolgreich war.

Mehr als dreißig Teilnehmende aus verschiedenen Kirchen kamen von folgenden Inseln: Amerikanisch-Samoa, Cook Islands, Fidschi, Französisch-Polynesien, Kiribati, Niue, Papua-Neuguinea, Samoa, Tonga, Tuvalu und Vanuatu. Auch Pfr. Francois Pihaatae, CWME-Mitglied und Pastor der Evangelischen Kirche von Französisch-Polynesien bereicherte durch seine Teilnahme die Arbeit dieser Schule.

Die Teilnehmenden sandten folgenden offenen Brief an die Kirchen:

“Verkündigung des Evangeliums im Pazifik”
Brief an die Kirchen von den Teilnehmenden an der
Schule für Mission in Suva, Fidschi, 10.-16. November 2004, veranstaltet vom ÖRK

Liebe Brüder und Schwestern in Christus,

Wir, eure Brüder und Schwestern aus vielen Ländern der Pazifikregion (Amerikanisch-Samoa, Cook Islands, Fidschi, Französisch-Polynesien, Kiribati, Niue, Papua-Neuguinea, Samoa, Tonga, Tuvalu und Vanuatu), sind in Vertretung unserer Kirchen zusammengekommen, um auf Gottes Wort zu hören, von den Erfahrungen der anderen zu lernen und gemeinsam zu einem größeren Verständnis davon zu gelangen, wie wir das Evangelium im Pazifik verkündigen sollen. Die Schule für Mission, die vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) veranstaltet wurde, war für uns eine Gelegenheit, um in der Mission des Volkes Gottes für das Volk Gottes näher zusammenzurücken.

Hauptziel des Seminars war es, das biblische und theologische Verständnis von Evangelisation als Aspekt der Mission zu reflektieren und zu erörtern. Wir hoffen, dass die Ergebnisse der Schule die Ortskirchen in ihrem Bemühen um eine frohe und ökumenische Weitergabe der Guten Nachricht des Evangeliums unterstützen können. Das Seminar fand in dem kürzlich eröffneten Jovili Meo Mission Center des Pazifischen Theologischen Instituts statt und bot Gelegenheit, uns für die Erfüllung des Missionsauftrags zuzurüsten. Als Bürger des Gottesreiches sind wir zu Liebe, Gottesdienst und Gehorsam unserem Herrn gegenüber und dazu, allen Menschen auf der Welt das Evangelium zu bringen.

Wir wurden daran erinnert, was Evangelisation beinhaltet: eine Einladung, eine ausdrückliche und bewusste Verkündigung des Evangeliums, einen Aufruf zur Buße und zum persönlichen Glauben oder zur Bekehrung und zum neuen Leben in Jesus Christus, unserem Herrn und Heiland. Wir sind auch aufgerufen zur Nachfolge, zum Zeugnis und zum gehorsamen Dienst in der Welt. Wir bekräftigen die Dringlichkeit und die Notwendigkeit einer Evangelisation in Einheit, damit der ganze Leib Christi in dem gegenseitigen Verständnis zusammenkomme, dass wir ein und demselben Herrn dienen. Im Dialog mit Menschen anderen Glaubens müssen wir uns der Spannung bewusst sein, die zwischen unserer Überzeugung, dass es kein Heil außer in Christus gibt, und dem Wissen besteht, dass wir dem Heilswirken Gottes keine Grenzen setzen können.

Bei unserer Zusammenkunft hörten wir Berichte vom Leiden der Menschen im Pazifik, und es wurden die folgenden Themen herausgestellt:

  • Die Auswirkungen der Globalisierung bedrohen häufig die traditionellen Kulturen und die Struktur des Lebens in der Gemeinschaft.
  • Der Wohlstand, der durch die globalisierte Wirtschaft geschaffen wird, ist ungleich verteilt und vergrößert dadurch oft noch den Graben zwischen Reich und Arm.
  • Der Klimawandel, der hauptsächlich von den hochentwickelten Ländern versursacht wird, bedroht die Existenz vieler Inseln des Pazifik.
  • Früher Tod, hervorgerufen durch die HIV/AIDS-Epidemie, zerstört das Familienleben.
  • Gewalt existiert im häuslichen Bereich und auch auf der Ebene von Kirchen und Regionen, und sie reißt Familien und Gemeinschaften auseinander.

Auf der anderen Seite fordern uns folgende neuen Entwicklungen heraus:

  • Wir erfuhren von der raschen Ausbreitung neuer religiöser Bewegungen, die manchmal auf Kosten der traditionellen Kirchen geht.
  • Wir hörten von einer sich verändernden Jugendkultur und sich verändernden sozialen Strukturen mit bisweilen zerstörerischen Auswirkungen.
  • Und wir erfuhren, dass sich viele Jugendliche von den traditionellen Kirchen marginalisiert fühlen.

Wir rufen die Kirchen dazu auf, furchtlos auf diese Entwicklungen zu reagieren und sie als Herausforderungen zu begreifen, die ihnen die Möglichkeit zum Wachstum und zur Veränderung ihrer kirchlichen Strukturen oder ihrer Ausdrucksform des Glaubens an Jesus bietet. Wie gut sind die Verantwortlichen in den Kirchen darauf vorbereitet, auf die neuen religiösen Bewegungen zu reagieren?

Wir wurden durch Erfahrungen ermutigt, in denen Zusammenarbeit und Aufbau von Gemeinschaft an die Stelle von konfessionell geprägtem `Wettbewerb` und steter Fragmentierung des Leibes Christi getreten sind. Wir glauben daran, dass das geistliche Wachstum der Nachfolger Christi sich auch in verstärkten Bemühungen darum zeigen wird, diesen Wettbewerb und die Fragmentierung zu überwinden.

Wir glauben, dass jeder Einzelne und die Gesamtheit der Kirchen aufgerufen sind, Jesu Demut widerzuspiegeln und so den Menschen zu ermöglichen, Christus in jedem Einzelnen zu erkennen. Für uns beginnt das Evangelium nicht mit der Evangelisation des anderen, sondern mit der Evangelisation und Verwandlung unserer selbst. Daher richten wir einen dringenden Appel an die Kirchen, in Einheit zusammenzukommen, im gegenseitigen Verständnis zu wachsen und ein vertieftes Verständnis von Jesus Christus zu entwickeln. Wir ermuntern die Kirchen, den einen Leib Christi in den Beziehungen zwischen den Kirchen zu repräsentieren.

Wir wurden daran erinnert, unser Augenmerk auf das Wachstum des Gottesreiches zu lenken und nicht nur auf das Wachstum der Kirchen. Die Agenda unserer Evangelisation soll eher auf Christus ausgerichtet sein statt auf die Kirchen. Wir verpflichten uns zum Ausbau der Ökumene auf der Ebene der Ortsgemeinden und dazu, weiterhin zu lernen, wie wir miteinander in Kommunikation stehen können. Wir verpflichten uns auch, zusammenzuarbeiten in Fragen, die unsere Gesellschaft als Ganze betreffen, und damit grundlegende Elemente widerzuspiegeln, die die Einheit des Leibes Christi ausmachen.

Die Schule für Mission schloss auch Reflexionen zur Dekade zur Überwindung von Gewalt mit ein, die unter der Schirmherrschaft des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) veranstaltet wird. Gleichzeitig wurden die Teilnehmenden aufgefordert, über das Thema der nächsten Konferenz für Weltmission und Evangelisation (Athen, Griechenland, Mai 2005) nachzudenken: “Komm, Heiliger Geist, heile und versöhne: In Christus berufen, versöhnende und heilende Gemeinschaften zu sein”.

Die Gemeinschaft und das Zusammengehörigkeitsgefühl, die wir während der Dauer der Schule erlebten, wurden für uns zum Zeichen für das Geschenk der Einheit, die wir bereits leben, und ermutigten uns, unsere sichtbare Einheit weiter zu festigen, um der Mission Gottes an der Welt willen. Als Einzelne und als Kirchen verpflichten wir uns zur Erfüllung seines Missionsauftrags in unserer Kirche, unserem Land und unserer Region. In diesem Geist grüßen wir euch und laden euch ein, euch gemeinsam weiter in der Mission und Evangelisation zu engagieren.


BRIEF AUS ATHEN AN DIE CHRISTLICHEN KIRCHEN, NETZWERKE UND GEMEINSCHAFTEN
Athen, 18. Mai, 2005

Komm, Heiliger Geist, heile und versöhne :
In Christus berufen, versöhnende und heilende Gemeinschaften zu sein

((unterzeichnet von Ruth Bottoms, George Mathew Nalunnakkal und Jacques Matthey, CWME-Vorstand) )

Liebe Schwestern und Brüder in Christus !

Wir grüßen Euch aus Athen in Griechenland. Wir schreiben Euch in dieser heiligen Zeit zwischen Ostern und Pfingsten, in der der auferstandene Christus seine Jünger auf die Gabe des Heiligen Geistes vorbereitete, sie aufrief, die frohe Botschaft “bis an das Ende der Erde” (Apg 1. 8) zu bringen, und ihnen versprach, bei ihnen zu sein “bis an der Welt Ende” (Mt 28, 20). Zusammengerufen vom Ökumenischen Rat der Kirchen und auf Einladung der Kirche von Griechenland und anderer Kirchen in Griechenland haben sich 600 Personen aus 105 Ländern hier an der Küste des Ägäischen Meeres vom 9. – 16. Mai 2005 zur 13. Internationalen Konferenz für Weltmission und Evangelisation versammelt. Am Morgen des ersten Konferenztages landete ein kleines Schiff mit einem großen Kreuz aus Olivenholz: ein Geschenk der Kirchen in Jerusalem, ein Zeichen des Leidens wie auch der Hoffnung, das aus den Überresten von Bäumen angefertigt wurde, die dem Bau der Mauer weichen mussten, welche Palästinenser von Palästinensern und von Israelis trennt. Wir beten darum, dass dieses Kreuz ein Zeichen der Versöhnung werden möge.

Zum ersten Mal hat die Weltmissionskonferenz in einem mehrheitlich orthodoxen Umfeld stattgefunden. Obwohl junge Leute nicht so zahlreich vertreten waren wie erwartet, haben sie eine wichtige Rolle gespielt. Zum ersten Mal nahm mit vollem Stimmrecht auch eine beträchtliche Zahl von Delegierten aus Kirchen, die nicht zur Mitgliedschaft des ÖRK gehören, an der Konferenz teil, d.h. der römisch-katholischen Kirche sowie einiger pfingstlicher und evangelikaler Kirchen und Netzwerke. “Wir” sind daher eine vielfältige Gruppe von Menschen aus allen Teilen der Welt und vielen ethnischen und kulturellen Kontexten, die viele Sprachen sprechen und die größeren christlichen Traditionen repräsentieren. Unser Thema ist ein Gebet: “Komm, Heiliger Geist, heile und versöhne”.

Mit diesem Brief möchten wir einige der Erkenntnisse und Herausforderungen wie auch Freude und Schmerz, die wir in dieser Woche erfahren haben, mit Euch zu teilen. Wir waren in diesen Tagen auf einer gemeinsamen Reise, auch wenn wir nicht immer einer Meinung gewesen sind. Wir alle sind in der Mission engagiert, weil wir an Gottes Mission teilhaben, der uns in eine zersplitterte und gebrochene Welt gesandt hat. Wir sind geeint in dem Glauben, dass wir “in Christus berufen sind, versöhnende und heilende Gemeinschaften zu sein”. Wir haben gemeinsam gebetet. Das Studium der Bibel hat uns ganz besonders dabei geholfen zu erkennen, wohin uns der versöhnende, heilende Geist in unserem eigenen Umfeld lenken will, zweitausend Jahre, nachdem Paulus mit der frohen Botschaft vom Evangelium Jesu Christi an dieser Küste gelandet ist. Die Erfahrungen dieser Reise möchten wir mit Euch teilen und Euch einladen, sie Euch zu eigen zu machen.

Wir befinden uns jetzt an einem besonderen Punkt in der Geschichte der Mission. Zwar liegen die Machtzentren nach wie vor mehrheitlich in der nördlichen Hemisspäre, das schnellste Kirchenwachstum findet hingegen im Süden und im Osten statt, ein Ergebnis treuer christlicher Mission und christlichen Zeugnisses. Der Missionscharakter der Kirche wird in größerer Vielfalt erfahren als je zuvor, und die christlichen Gemeinschaften setzen ihre Suche nach eigenen Antworten auf das Evangelium fort. Diese Vielfalt ist eine echte Herausforderung und kann mitunter Unbehagen in uns hervorrufen. Wir entdecken darin aber auch Möglichkeiten für ein tieferes Verständnis des schöpferischen, lebenserhaltenden, heilenden und versöhnenden Wirkens des Heiligen Geistes. Denn die Kraft des Geistes berührt uns in vielerlei Weise : in Sanftmut und Wahrheit, Trost und Kreativität, Gottesdienst und Handeln, Weisheit und Unschuld, Gemeinschaft und Heiligung, Befreiung und heiliger Kontemplation. Doch es gibt auch böse Geister, die in der Welt und leider auch in einem großen Teil unserer Geschichte und in vielen unserer Gemeinschaften am Werk sind. Dies sind Geister der Gewalt, Unterdrückung, Ausgrenzung, Spaltung, Korruption, Selbstsucht, Ignoranz, des Versagens, unseren Glauben zu leben, und des angstvollen Schweigens angesichts von Unrecht. Um das Werk des Heiligen Geistes erkennen zu können, haben wir die Notwendigkeit verspürt, immer wieder zu den Wurzeln unseres Glaubens zurückzukehren und den dreieinigen Gott zu bekennen, der uns in Jesus Christus, dem Fleisch gewordenen Wort, offenbart worden ist.

Hier in Athen waren wir uns auch intensiv der neuen Herausforderungen bewusst, die mit der Notwendigkeit der Versöhnung zwischen Ost und West, Nord und Süd und zwischen Christen und Menschen anderer Religionen verbunden sind. Wir sind uns schmerzlich der Fehler der Vergangenheit bewusst geworden, und beten darum, dass wir aus ihnen lernen mögen. Wir sind uns über unsere eigene Tendenz klar geworden, Barrieren zu verstärken, indem wir Menschen aufgrund von Kriterien wie Rasse, Kaste, Geschlecht und Behinderung ausschließen und marginalisieren oder indem wir zulassen, dass unterdrückerische Praktiken in unseren Gesellschaften und unseren Kirchen fortbestehen. In der Mitte der Dekade zur Überwindung von Gewalt erkennen wir von neuem, dass der Aufruf zu Gewaltlosigkeit und Versöhnung zum Herzstück der Botschaft des Evangeliums gehört. Als eine weltweite Versammlung fühlen wir uns herausgefordert von der Gewalt, die mit der wirtschaftlichen Globalisierung und mit Militarismus einhergeht, und von dem Schicksal der Ausgegrenzten, besonders der indigenen Gemeinschaften, sowie der Menschen, denen die Migration ihre Wurzeln genommen hat.

Der heilige Paulus spricht von der neuen Schöpfung, die Christus verkündet hat und die in der Kraft des Heiligen Geistes Wirklichkeit wird. „In Christus“, so sagt er, „versöhnte [Gott] die Welt mit sich selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung. So sind wir nun Botschafter an Christi Statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi Statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!“ (2. Kor 5, 19-20) Diese „neue Schöpfung“ ist für uns das Ziel unseres missionarischen Strebens. Mit Paulus glauben wir, dass Versöhnung und Heilung entscheidende Elemente des Prozesses sind, der zu diesem Ziel führen wird. Versöhnung als Wiederherstellung rechter Beziehungen mit Gott ist die Quelle der Versöhnung mit uns selbst, mit anderen Menschen und mit der ganzen Schöpfung.

Aber der Weg zu Versöhnung und Heilung ist kein leichter Weg. Er setzt voraus, dass wir zuhören, die Wahrheit sagen, Buße tun, vergeben und uns von ganzem Herzen Christus und seiner Gerechtigkeit verschreiben. Aus diesem Grund haben wir untersucht, auf welchen Wegen Gottes heilende Kraft zu uns kommt. Einer dieser Wege sind Heilungen, die durch Gebete, asketische Praktiken und die Gaben der Heilung, durch Sakramente und Heilungsgottesdienste, durch die kombinierte Anwendung von medizinischen und geistlichen Heilungsmethoden, durch gesellschaftliche und systemische Ansätze und durch die Erfahrung der stärkenden Gegenwart des Heiligen Geistes geschehen, obwohl wir auch die Realität von Krankheit und Behinderung akzeptieren und uns weiterhin damit auseinandersetzen. Wir haben Heilungsgottesdienste gefeiert und waren zutiefst bewegt von den Berichten christlicher Gesundheitsmitarbeiter/innen und Berater/innen und deren Ringen um ganzheitlichere Ansätze.

Die Geschichten von HIV/AIDS-Kranken haben uns berührt und inspiriert und uns herausgefordert, der Stigmatisierung und Diskriminierung dieser Menschen entgegenzutreten und Ganzheitlichkeit für sie einzufordern. Wir haben persönliche Zeugnisse gehört – von Menschen, die durch die Kraft des Geistes geheilt wurden, wie auch von Menschen, die nicht geheilt wurden bzw. Opfer schändlicher oder ausbeuterischer Heilungspraktiken wurden. Wir hörten auch Geschichten von Heilung inmitten des Ringens um soziale, wirtschaftliche und ökologische Gerechtigkeit. Alle wahre Heilung kommt von Gott. Sie schließt körperliche, seelische, emotionale und geistliche Heilung ein und unterliegt der Spannung zwischen dem Kommen des Reiches Gottes, das „schon hier“ ist und „noch kommen“ wird. Daher feiern wir wahre Heilung als lebendiges Zeichen der neuen Schöpfung Gottes.

Wir leben im Heiligen Geist, in der Erwartung des Reiches Gottes und sind dazu berufen, in der neuen Schöpfung Kinder Gottes zu sein, und doch müssen wir anerkennen, dass unsere gegenwärtige Welt von Unruhe und Verwirrung geprägt ist. Die Erkenntnis, dass Gottes Mission von den Spaltungen und dem fortbestehenden Mangel an Verständnis in und unter den Kirchen verzerrt wird, bereitet uns Schmerz. In unserer Sehnsucht nach einer volleren und wahrhaftigeren Teilhabe an Gottes Mission leiden wir auch weiterhin darunter, dass wir unfähig sind, die Hindernisse zu überwinden, die uns davon abhalten, gemeinsam das zutiefst heilsame und versöhnende Sakrament - die Eucharistie, das Abendmahl - zu feiern. Das Konferenzthema stellt daher einen Aufruf dar, voller Demut unser eigenes Bedürfnis nach Heilung und Versöhnung zu akzeptieren.

Doch Gott ruft uns auf, eine Gemeinschaft der Hoffnung zu sein. “In Christus berufen, versöhnende und heilende Gemeinschaften zu sein”, haben wir hier in Athen weiter an einer Definition der Gemeinschaft gearbeitet, die wir nach Gottes Willen sein sollen: eine Gemeinschaft, die in Wort und Tat Zeugnis vom Evangelium ablegt; eine Gemeinschaft des lebendigen Gottesdienstes und Lernens, die allen Menschen das Evangelium Jesu Christi verkündet; die jungen Menschen Leitungsaufgaben anbietet; die ihre Türen für Fremde öffnet und Ausgegrenzte in ihrer Mitte willkommen heißt; die sich den Leidenden und denen, die sich für Gerechtigkeit und Frieden engagieren, zuwendet; die Dienerin aller Notleidenden ist; die ihre eigene Verwundbarkeit und ihr Heilungsbedürfnis anerkennt und treu zu ihrer Verpflichtung für die ganze Schöpfung steht. Wir beten, dass der Heilige Geist unserem Leben heilende Kraft einhaucht und dass wir gemeinsam auf den gesegneten Frieden der neuen Schöpfung zugehen.

Abschließend möchten wir all jenen unseren tiefen Dank zum Ausdruck bringen, die diese Konferenz möglich gemacht haben. In diesem Land, in dem der heilige Paulus das Evangelium von Gottes versöhnender Liebe in Jesus Christus verkündet hat, beten wir darum, dass die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes unseres Vaters und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes mit allen Menschen sei.


Der ÖRK hat eine Gute Nachricht zu verkünden, sagen die Missionsverantwortlichen – Simon Barrow

Im Anschluss an die historische dreizehnte Konferenz für Weltmission und Evangelisation (CWME), die vom 9.-16.Mai in Athen stattfand und vom ÖRK veranstaltet wurde, rufen britische und irische Teilnehmer/innen dazu auf, “die zentrale christliche Berufung zur Verkündigung der Guten Nachricht Jesu Christi in einem ökumenischen Sinn neu zu entdecken”.

Diese Aufforderung findet sich in einem Brief an die ÖRK-Kommission für Weltmission und Evangelisation, die im Anschluss an die Weltmissionskonferenz zusammengekommen war, welche Teilnehmende aus 300 Kirchen, Konfessionen und christlichen Einrichtungen aus 105 Ländern versammelt hatte. Delegierte von sechs Kontinenten und aus den verschiedensten Konfessionen - Protestanten, Katholiken Orthodoxe, Anglikaner, Evangelikale und Pflingstler – hatten diese Konferenz zur repräsentativsten ihrer Art gemacht.

Der Brief an den ÖRK wurde vom Kirchlichen Missionsausschuss (CCOM) der Arbeitsgemeinschaft der Kirchen in Großbritannien und Irland koordiniert und wurde bislang von folgenden Personen unterzeichnet: Graham Cray, Bischof von Maidstone; Kanonikus Tim Dakin, Generalsekretär der Kirchlichen Missionsgesellschaft; Fr. Philip Knights vom Katholischen Büro zur Unterstützung der Evangelisation in England and Wales; Pfr. Dr. Jim Campbell vom Irischen Rat der Kirchen; Dr. Kirsten Kim, Dozentin für Missionstheologie an der Universität Birmingham; Simon Barrow, Sekretär des CCOM, das als Bindeglied zwischen den weltweit tätigen Missionsabteilungen und den Büros der Kirchen in England, Schottland, Irland und Wales dient.

Die Autoren des Briefes begrüßen, dass die Weltmissionskonferenz dem Wirken des Heiligen Geistes und der Berufung der Kirche als heilende und versöhnende Gemeinschaft so große Aufmerksamkeit geschenkt hat, und erklären, als nächsten Schritt müsse die ökumenische Bewegung lernen, mehr und besser über ihr eigenes Handeln zu sprechen.

“Ganzheitliche Evangelisation” wird beschrieben als “das Mittel, durch das Wesen, Identität und Aufruf Jesu Christi – welcher die trennenden Mauern der Welt niederreißt – bekannt gemacht werden”. Sie verbindet Wort und Tat, “erneuert die Kirche und stärkt sie für ihr weiteres Zeugnis und ihren Dienst”.

Die wachsende Zahl der Unterzeichner aus den Reihen der 30 CWME-Teilnehmenden aus Großbritanien und Irland ist der Ansicht, dass der ÖRK auch in direkten Kontakt mit neuen missionarischen Bewegungen auf der Südhalbkugel treten muss und mit den “neuen kirchlichen Ausdrucksformen” im Norden.

“Die ökumenische Bewegung entstand aus der Weltmissionskonferenz in Edinburgh 1910”, erklärt CCOM-Sekretär Simon Barrow, der auch Mitglied von Ekklesia ist. “Seitdem hat sich der Anteil der Christenheit an der Weltbevölkerung dramatisch in Richtung Süden verschoben, wie aus der breit gefächerten Teilnehmerliste der Athener Konferenz deutlich wird. Christen aus dem gesamten theologischen Spektrum sehen jetzt die dringende Notwendigkeit, die befreiende Gute Nachricht des Evangeliums einer geteilten Welt neu zu verkünden. ”

Barrow fügt hinzu: “Hierbei handelt es sich nicht um eine weitere Kritik am ÖRK, wie sie heute gang und gäbe ist, sondern um den Ausdruck tiefgreifender Partnerschaft, die die prophetische und seelsorgerliche Mission der Heilung und Versöhnung, für die die Gemeinschaft des ÖRK steht, neu sichtbar macht. ”

Eine Sorge im Blick auf die Evangelisation besteht darin, dass das Wort (das im Griechischen des Neuen Testaments für ‘gute Nachricht’ und für ‘Botschafter’ steht) oft von fundamentalistischen Kirchen mit aus Amerika inspirierten imperialen Absichten missbraucht wird.

Die Autoren des Briefes an den ÖRK betonen, dass ihr Aufruf ein völlig anderes Ziel verfolgt – ein getreuer Ausdruck des Evangeliums, der zeigt, dass dieses eine Quelle für Gerechtigkeit, Frieden, Heilung und persönliche sowie soziale Veränderung ist.

Mehrere Sprecher in der Plenarversammlung der Athener Weltmissionskonferenz wiesen vorsichtig auf den “Missbrauch des Wortes” und auf Proselytismus hin, dem gezielten Abwerben von Mittgliedern einer Kirche durch eine andere. Proselytismus ist ein Problem vor allem für die orthodoxe Kirche, und der ÖRK hat sich deutlich gegen den Missbrauch des “gemeinsamen Zeugnisses” ausgesprochen, der sich der Evangelisation bedient, um ein solches Vorgehen zu rechtfertigen.

Doch entgegen dem Bild, das sich viele vom ÖRK machen, hat sich dieser der Verkündigung der Botschaft von der verwandelnden Liebe Jesu Christi für die ganze Welt verschrieben, so Pfr. Carlos Ham, ÖRK-Referent für Evangelisation im Rahmen eines CWME-Seminars, das letzte Woche stattfand.

In diesem Sinne steht der Brief von den britischen und irischen Kirchenverantwortlichen in Einklang mit den Schritten, die viele im ÖRK begrüßen würden.
(http://www.ekklesia.co.uk/content/news_syndication/article_050520evang.shtml)


Dieser Brief wird in den vier ÖRK-Arbeitssprachen veröffentlicht und kann auf unserer Internetseite eingesehen werden:
http://www.wcc-coe.org/wcc/what/mission/evlet-index.html