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Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz

10. September 2001

Landrechte - Menschenrechte? Der Ökumenische Rat der Kirchen und der Lutherische Weltbund nehmen Stellung zur Frage der kolonialen Landenteignung auf der UN Weltkonferenz gegen Rassismus in Durban
Erika von Wietersheim


"Eine Konferenz gegen Rassismus, die nicht die Landenteignungen zur Zeit des Kolonialismus anspricht, ist 'Weisswäscherei'. Denn die Opfer von Landenteignung überall auf der Welt waren und sind meist schwarz, während die Nutzniesser bisher fast alle weiss waren", sagte ein Sprecher des National Land Committees (Nationales Landkomitee) in Südafrika vor Beginn der UN Weltkonferenz gegen Rassismus. Bis heute ist nach wie vor unsicher, wie das Thema der Landenteignung und Reparation in die Deklarationen und Aktionsprogramme der UN Weltkonferenz gegen Rassismus in Durban, Südafrika, Eingang finden wird.

Dr. Ishmael Noko, Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB), veröffentlichte anlässlich seiner Teilnahme an der UN Weltkonferenz eine Presseerklärung, in der er eindeutig zur Landfrage Stellung nimmt: "Die Landverteilung im südlichen Afrika hat eindeutig eine rassistische Grundlage. Um Ungerechtigkeit zu reparieren, sind jedoch gerechte Lösungen nötig, keine neuen Ungerechtigkeiten", heisst es in der Erklärung. Noko hat in seinem Heimatland Simbabwe in den vergangenen Monaten erlebt, wie die Forderung nach Land zu Gewalt und Zerstörung der Lebensgrundlage zahlreicher Menschen führen kann.

Auf der Konferenz ist die Forderung nach Rückgabe von Land oder nach Wiedergutmachung für das aufgrund von Sklavenhandel und Kolonialismus erlittene Unrecht vorrangiges Thema. Vor allem die ehemaligen Kolonien in Afrika erwarten als Ergebnis der Konferenz eine angemessene Form der Entschuldigung von den ehemaligen Kolonialmächten, sowie Strategien, die in verschiedener Weise Wiedergutmachung kanalisieren. Ernest Tjiriange, Justizminister Namibias, betonte in seiner Erklärung, dass die Konferenz nicht dafür verantwortlich sei, die Details dieser Strategien zu erarbeiten. Sie müsse jedoch die grundsätzliche Notwendigkeit von Reparationen an die Nachfahren der Opfer von Kolonialismus und Sklavenhandel in den Abschlusserklärungen anerkennen.

Die Aussenminister der Bundesrepublik Deutschland und der Niederlande, Joschka Fischer und Roger von Boxtel, sind in ihren Reden im Plenum der UN Konferenz der ersten Forderung schon nachgekommen. Van Boxtel drückte seine "tief empfundene Reue" über den Sklavenhandel und die Sklaverei aus. Joschka Fischer sagte, dass die Anerkennung einer historischen Schuld und historisch bedingter Verpflichtungen den Opfern zumindest einen Teil ihrer Würde zurückgeben könne, derer man sie jahrhundertelang beraubt habe. Fischers Worte: "Ich möchte dies hier und heute im Namen der Bundesrepublik Deutschland tun" ernteten Anerkennung auf der Konferenz.

"Die Weissen agieren oft aus einer Position der Angst und des schlechten Gewissens", sagte Noko in Durban. "Die Afrikaner dagegen haben keine Angst vor der Landfrage. Sie gehen davon aus, dass ihnen das Land zumindest moralisch gehört. Dies führt leicht zu Konfrontationen... Die Kirchen sind an dieser Stelle wichtig, weil sie relativ neutrale Institutionen sind. Sie haben Distanz, denn sie sind weder Grundstücksmakler noch Parteipolitiker. Deswegen haben sie die Möglichkeit zu vermitteln und gerechte Lösungen anzubieten."

Der methodistische Bischof, Mvumelwano Dandala, Leiter der ÖRK Delegation in Durban und Südafrikaner, meinte auf einer Podiumsdiskussion über die Rolle der Kirchen nach der Apartheid: "Ohne Land sind die meisten Menschen in Afrika heimatlos. Es geht bei der Landfrage auch immer um Armut, Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot. Das Recht auf Land ist kein Menschenrecht, aber das Recht auf angemessenes Wohnen."

Bei der Frage des Landbesitzes gehe es im südlichen Afrika aber auch um die Wiederentdeckung der Spiritualität des Landes. "Westliche Vorstellungen von Land gehen eher von einer rationalen, ökonomischen Nutzung des Landes aus, sie wollen die Ressourcen des Landes optimal nutzen. Das afrikanische Verständnis geht jedoch darüber hinaus: das Land soll die Menschen ernähren, aber es ist auch der Ort, wo man mit seinen Vorfahren und seinen Nachkommen in Verbindung bleibt." Auch hier könne die Kirche als Verbindungsglied zwischen westlichen und afrikanischen Vorstellungen vermitteln.

In einer Presseerklärung am Mittwoch, erklärte der "Ecumenical Caucus" (ökumenische Caucus), dass "die Kirchen, wollen sie glaubwürdig sein, ihre Mittäterschaft bei Rassismus, Sklaverei und Kolonialismus eingestehen müssen. Dieses Eingeständnis ist wichtig, da es zu notwendigen Entschuldigungen und Bekenntnis führt, zu Busse und Versöhnung, zu Heilung und Ganzheit. Alle diese Elemente sind Teil der Wiedergutmachung, die man den Opfern von Rassismus, jetzt und in der Vergangenheit, schuldig ist."


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