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29. Mai 2000

Der ÖRK bezeichnet den Rückzug der Israelis aus dem Südlibanon als einen Schritt zum Frieden im Nahen Osten


Ein Schritt in die richtige Richtung, aber nicht genug, um Stabilität und Frieden in der Region herzustellen - so beurteilte der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) den Rückzug der Israelis aus dem Südlibanon in der vergangenen Woche.

In einer Erklärung vom 26. Mai sagte der Generalsekretär, Pfarrer Dr. Konrad Raiser, "der ÖRK teilt die Freude des libanesischen Volkes." Er wies jedoch warnend darauf hin, dass "umfassender, gerechter und dauerhafter Friede nur durch die Erfüllung der einschlägigen UNO-Resolutionen zu erreichen" sei. Er bestärkt "die Vereinten Nationen in ihren Bemühungen um eine Stabilisierung der Situation und um die Unterstützung der Regierung des Libanon bei der Wiederherstellung ihrer Autorität in diesem Gebiet."

Raiser begrüsste die Freilassung libanesischer Geiseln, die von israelischen Sicherheitskräften im Haftlager Khiam festgehalten wurden, sowie die Wiederansiedlung der vertriebenen libanesischen Familien, bekräftigte jedoch zugleich erneut das "Recht der staatenlosen palästinensischen Flüchtlinge im Libanon auf Rückkehr in ihre Heimat."

Raiser hält sich zur Zeit im Libanon auf; er nimmt an einer Tagung der Gemeinsamen Arbeitsgruppe der römisch-katholischen Kirche und des Ökumenischen Rates der Kirchen teil. Wie bereits vereinbart, wird er am 30. Mai mit dem Präsidenten des Libanon, S. E. Emile Lahoud, zusammenkommen.

Unter Hinweis auf die Zusicherungen des Präsidenten Lahoud, dass die libanesischen Behörden schon bald mit dem Wiederaufbau in diesem Gebiet beginnen werden, rief Raiser die Mitgliedskirchen des ÖRK auf, sich aktiv am Wiederaufbau und an der Schaffung des Friedens zu beteiligen.

Es folgt der vollständige Wortlaut der Erklärung des ÖRK-Generalsekretärs:

"Der Ökumenische Rat der Kirchen hat die Ereignisse im Libanon seit der israelischen Invasion im Jahre 1978, die einen massiven Verlust an Menschenleben und eine bis heute andauernde Tragödie in der Region zur Folge hatte, aufmerksam beobachtet. Der Rat hat zu verschiedenen Gelegenheiten seine Sorge über diese Entwicklungen ausgesprochen und die Parteien im Libanon aufgefordert, auf Gewalt zu verzichten und sich um ein harmonisches Zusammenleben der Gemeinschaften zu bemühen, um gemeinsam für einen geeinten und souveränen Libanon einzutreten, der sich der Gerechtigkeit, der Entwicklung und dem Frieden im Nahen Osten verpflichtet weiss.

Der Ökumenische Rat der Kirchen teilt die Freude des libanesischen Volkes über den Rückzug der israelischen Sicherheitskräfte. Dieser Schritt der israelischen Regierung steht im Einklang mit dem Geist der Resolutionen Nr. 425 und 426 der Vereinten Nationen, deren Befolgung schon seit langem vom Rat eingefordert wird. Wir hoffen und beten, dass diese wichtige Entwicklung zur inneren Einheit beitragen und den Geist der Zusammenarbeit im Volk des Libanon stärken wird, das unter den anhaltenden Spannungen und Konflikten in der Region so schwer zu leiden hat.

Der Rückzug der Israelis aus dem Libanon allein wird die so dringend notwendige Stabilität und den Frieden in der Region nicht herstellen können, er könnte indessen ein Schritt in diese Richtung sein. Umfassender, gerechter und dauerhafter Friede ist nur dann möglich, wenn alle einschlägigen UN-Resolutionen vollständig erfüllt werden. Wir hegen die Hoffnung, dass die Erfüllung der UN-Resolutionen Nr. 425 und 426 dazu führen wird, auch den noch ausstehenden Teil des Friedensprozesses im Nahen Osten voranzutreiben.

Der Rat dankt den Vereinten Nationen für ihre Bemühungen um eine Stabilisierung der Situation und um die Unterstützung der Regierung des Libanon bei der Wiederherstellung ihrer Autorität in dem Gebiet, aus dem die israelischen Truppen gerade abgezogen sind, und bestärkt sie darin. Während der Übergangszeit ist es von wesentlicher Bedeutung, dass Leben und Eigentum der Zivilbevölkerung auf beiden Seiten der Grenze angemessen geschützt werden. Zu diesem Zweck sollten sich alle Beteiligten Zurückhaltung auferlegen und nicht zur Gewalt greifen, die zur Eskalation der derzeitigen Spannungen und des Konflikts führen könnte.

Der Ökumenische Rat der Kirchen begrüsst die Freilassung der Libanesen, die von den israelischen Sicherheitskräften als Geiseln festgehalten worden sind. Der Rat begrüsst ferner die Wiederansiedlung der vertriebenen libanesischen Familien, äussert jedoch zugleich seine Sorge über das Schicksal der staatenlosen palästinensischen Flüchtlinge im Libanon und bekräftigt erneut ihr Recht auf Rückkehr in ihr Heimatland.

Die Zusicherungen des Präsidenten des Libanon, S. E. Lahoud, dass die libanesischen Behörden unverzüglich den Wiederaufbau in diesem verwüsteten Gebiet in Angriff nehmen werden, sind für uns eine weitere Ermutigung.

Die Mitgliedskirchen des Ökumenischen Rates der Kirchen haben im Konflikt im Nahen Osten eine wichtige Rolle gespielt. Der Rat weiss sich zur Solidarität mit den Mitgliedskirchen in der Region, insbesondere im Libanon, in ihrem Wirken um den Wiederaufbau und die Schaffung von Frieden und Versöhnung in ihrem Land verpflichtet. Der Rat fordert seine Mitgliedskirchen auf, sich aktiv am Wiederaufbau im Libanon und an friedenschaffenden Initiativen zu beteiligen. Das Team des Rates für Nothilfe und humanitären Beistand, "Kirchen helfen gemeinsam" (ACT), bereitet zur Zeit in diesem Zusammenhang einen Aufruf an die Mitgliedskirchen vor."


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Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) ist eine Gemeinschaft von 337 Kirchen in über 100 Ländern auf allen Kontinenten und aus praktisch allen christlichen Traditionen. Die römisch-katholische Kirche ist keine Mitgliedskirche, arbeitet aber mit dem ÖRK zusammen. Oberstes Leitungsorgan ist die Vollversammlung, die ungefähr alle sieben Jahre zussammentritt. Der ÖRK wurde 1948 in Amsterdam (Niederlande) offiziell gegründet. An der Spitze der Mitarbeiterschaft steht Generalsekretär Konrad Raiser von der Evangelischen Kirche in Deutschland.