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16. August 2000

McVilla kämpft um ihr Recht
von Karin Achtelstetter


McVilla, eine 24jährige Lehrerin, besucht ihre Freundin Kassandra. Sie unterhalten sich, tauschen Neuigkeiten aus, lachen: "Stell' Dir nur vor ... Hast Du schon gehört, dass ...". Ein ganz normaler Nachmittag im Haus der Freundin. Wenige Stunden später wird McVilla mit schweren inneren Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert.

Der Nachmittag des 19. März 2000, wurde für McVilla zum Alptraum. McVilla wurde im Haus der Freundin vergewaltigt. Die Täter: ein Verwandter Kassandras, Benjamin, und dessen Freund Daniel.

Der "Fall McVilla" wird in die Rechtsgeschichte Liberias eingehen. Zum ersten Mal geht eine vergewaltigte Frau an die liberianische Öffentlichkeit. Zum ersten Mal erstattet eine vergewaltigte Frau Anzeige und leitet rechtliche Schritte gegen die Täter ein. McVilla spricht auf Pressekonferenzen über das was ihr im Haus der Freundin angetan wurde. Sie nennt die Täter öffentlich beim Namen. Sie legt medizinische Gutachten vor.

In ihrem Kampf um Recht und Gerechtigkeit steht McVilla nicht alleine. Unterstützung fand sie bei dem Verband liberianischer Rechtsanwältinnen, der Association of Female Lawyers of Liberia (AFELL).

"Wenn eine Frau leidet, geht das alle Frauen an", sagt AFELL-Präsidentin, Elizabeth J. Boyenneh. "Gewalt gegen Frauen ist in Liberia nach wie vor weit verbreitet, und die Täter bleiben bislang straflos. Wir leben in einer Kultur des (Ver-)Schweigens. Aufgrund der in der Gesellschaft herrschenden Normen und Werte schämen sich die Opfer gegen Täter und Vergewaltiger vorzugehen."

Der "Fall McVilla" erregt auch noch im Juli während des Solidaritätsbesuchs einer fünfköpfigen internationalen, ökumenischen Frauendelegation öffentliches Aufsehen in Liberia. Auch für AFELL-Präsidentin Boyenneh ist der Fall noch lange nicht abgeschlossen. Das Grosse Geschworenengericht, das darüber zu entscheiden hatte, ob es im "Fall McVilla" zu einer Gerichtsverhandlung kommen sollte, wies den Fall ab. Im September will AFELL den Fall ein zweites Mal der "Grand Jury" - dem Geschworenengericht - vorlegen.

Für Boyenneh kommt der Besuch der internationalen, ökumenischen Frauendelegation gerade zur rechten Zeit, denn AFELL setzt im Kampf gegen Vergewaltigung auf internationale Unterstützung. Eine Webseite zu dem "Fall McVilla" ist in Vorbereitung; denn nur wenn McVilla eine faire Chance vor Gericht bekommt, werden auch andere vergewaltigte Frauen und Mädchen es wagen, ihr Schweigen zu brechen.

Sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Frauen ist nur ein Aspekt der Arbeit von AFELL. Der Verband von Rechtsanwältinnen, der 1994 als Nichtregierungsorganisation (NGO) gegründet wurde, setzt sich unter dem Motto "Equal Rights under the Law" - "Gleiche Rechte für alle unter dem Gesetz" - allgemein für die Rechte und den Schutz von Frauen und Kindern in Liberia ein.

Mitglieder des internationalen ökumenischen Frauenteams:

Hélène Yinda, Weltbund der CVJF, Genf, (Teamleitung)
Karin Achtelstetter, ÖRK, Genf
Jessica Babihuga Nkuuhe, ISIS, Uganda
Lillian Chirombe, Weltbund der CVJF, Simbabwe
Ashley Seaman, ÖRK, Presbyterianische Kirche, USA

Dieses Feature entstand während des Besuchs einer fünfköpfigen internationalen, ökumenischen Frauendelegation in Liberia vom 26. Juli bis 2. August. Es ist Teil einer Feature-Serie über das westafrikanische Land. Die fünf Frauen informierten sich vor Ort über die Situation von Frauen und Kindern im Nachkriegs-Liberia. Auf Wunsch ihrer jeweiligen Mitgliedskirchen wurde dieser Solidaritätsbesuch vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK), dem Weltbund der CVJF, der Gesamtafrikanischen Kirchenkonferenz (AACC) und dem Lutherischen Weltbund (LWB) organisiert und durchgeführt.

Fotos aus Liberia sind erhältlich ab 21. August über:
Photooikooumene oder telefonische unter: (+41.22) 791.62.95

Dekade zur Überwindung von Gewalt (2001-2010)

Auf der Achten ÖRK-Vollversammlung in Harare, Simbabwe, riefen die Delegierten aus den mehr als 300 ÖRK-Mitgliedskirchen die Dekade zur Überwindung von Gewalt (DOV) ins Leben. Die Vollversammlung erklärte, der ÖRK solle in Fragen der Gewaltlosigkeit und Versöhnung "strategisch mit den Kirchen zusammenarbeiten, um eine Kultur der Gewaltlosigkeit zu schaffen". Die Dekade, die im Februar 2001 weltweit ausgerufen werden wird, wird auf den Initiativen aufbauen, die bereits weltweit existieren und ein Forum bieten, auf dem Erfahrungen ausgetauscht und Beziehungen hergestellt werden, um voneinander zu lernen.


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Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) ist eine Gemeinschaft von 337 Kirchen in über 100 Ländern auf allen Kontinenten und aus praktisch allen christlichen Traditionen. Die römisch-katholische Kirche ist keine Mitgliedskirche, arbeitet aber mit dem ÖRK zusammen. Oberstes Leitungsorgan ist die Vollversammlung, die ungefähr alle sieben Jahre zussammentritt. Der ÖRK wurde 1948 in Amsterdam (Niederlande) offiziell gegründet. An der Spitze der Mitarbeiterschaft steht Generalsekretär Konrad Raiser von der Evangelischen Kirche in Deutschland.