Ökumenischer Rat der Kirchen

Bericht des Vorsitzenden
Document No. PL 3.1

1. Wenn wir heute zur Achten Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen zusammenkommen, gehen meine Gedanken zurück zur Zweiten Vollversammlung des ÖRK in Evanston im Jahre 1954. Sie trat zu einer Zeit zusammen, die von Angst und Verzweiflung, von der Konfrontation zwischen Ost und West bestimmt war; die Vollversammlung richtete einen dringenden Appell an die Mitgliedskirchen und an die ganze Welt: "uns von unseren Wegen abzuwenden hin zu Gottes Weg" und "seid fröhlich in Hoffnung."1

Vierundvierzig Jahre später kommen wir erneut zu einem kritischen Zeitpunkt der Geschichte zusammen, denn über uns sind düstere Wolken von Ungewißheit und Hoffnungslosigkeit, die Welt ist ökologisch, spirituell und moralisch bedroht; deshalb sind diese Worte auch heute mehr als geeignet, die Kirchen und die Welt aufzurufen, "Kehrt um zu Gott -- seid fröhlich in Hoffnung."

His Holiness Catholicos ARAM I

2. Beispiellose, weitreichende Veränderungen haben sich in der Geschichte der Menschheit vollzogen, seit wir uns in Canberra (1991) versammelten. Ideologien brachen zusammen, Schranken wurden niedergerissen, die Apartheid ist fast verschwunden. Doch das Ende des Kalten Krieges hat keine neue Ära der Gerechtigkeit, des Friedens und der Versöhnung eingeläutet. Die Welt ist noch immer zerrissen, geteilt und bedroht. Die radikalen, raschen Veränderungen und das Entstehen neuer komplexer Realitäten hatten unmittelbare Auswirkungen auf das Leben und Zeugnis der Kirchen, die ökumenische Bewegung und auf die Arbeit des ÖRK.

3. Die Zeit zwischen Canberra und Harare war für den Rat von einer ganzen Anzahl bedeutender Erfolge in der Programmarbeit, von erheblichem Wachstum der Mitgliedschaft des Rates, von akuter finanzieller Instabilität und von vielfältigen, unterschiedlichen Anforderungen aus Kirchen und Gesellschaften gekennzeichnet. Trotz riesiger unvorhersehbarer Schwierigkeiten hat der Rat seine Arbeit im Bewußtsein seiner Verantwortung und Rechenschaftspflicht im Rahmen des Mandats geleistet, das ihm die Vollversammlung in Canberra erteilt hatte. Ehe ich auf die eigentliche Arbeit des Rates zu sprechen komme, möchte ich Sie alle in einem Augenblick stillen Gebetes an die "große Wolke von Zeugen" erinnern, die aus verschiedenen Kirchen und Regionen stammten und mit ihren wichtigen Beiträgen die ökumenischen Werte und Ziele befördert haben. Diese ökumenischen Zeuginnen und Zeugen werden auf unserer gemeinsamen ökumenischen Pilgerreise immer um uns sein. Die Arbeit des Rates ist ein unteilbares Ganzes, an dem alle als einzelne oder als Gruppe aktiven Anteil haben und ihren besonderen Beitrag leisten. Meinen aufrichtigen Dank und meine tiefe Wertschätzung aussprechen möchte ich an dieser Stelle im Namen der Stellvertretenden Vorsitzenden und in meinem eigenen Namen dem ehemaligen Generalsekretär Dr. Emilio Castro, dem derzeitigen Generalsekretär Dr. Konrad Raiser und allen Mitgliedern des scheidenden Zentralausschusses und Exekutivausschusses, der Kommissionen, Ausschüsse und Arbeitsgruppen sowie dem Stab des Rates, die so Wesentliches zur Ausführung der Programme und Studienprozesse beigetragen haben, die die Vollversammlung in Canberra vorgegeben hat.

4. Der Zentralausschuß war der Magnet, um den herum sich das Leben und die Programmarbeit des Rates organisierten und entfalteten. Seit Canberra tagte der Zentralausschuß fünfmal. Die Teilnahme an diesen Tagungen, die alle ihren eigenen Charakter hatten, war hervorragend, und es wurde gewissenhaft mitgearbeitet. Der ÖRK ist ein Rat von Kirchen. Die Mitgliedskirchen haben uns durch ihre Delegierten gewählt, um ihre Beschlüsse auszuführen. Der Rat hat gegenüber den Kirchen eine dienende Funktion. Deshalb ist die Vollversammlung auch der richtige Ort, Rechenschaft über unsere Arbeit abzulegen und zu prüfen, inwieweit der Rat seiner Rolle als Haushalter gerecht geworden ist. Unser langer, kurvenreicher Weg von Canberra nach Harare läßt sich eigentlich nicht in einem kurzen Bericht des Vorsitzenden komprimieren. Der Bericht Von Canberra nach Harare und das Arbeitsbuch der Vollversammlung enthalten eine umfassende und mit Bildern versehene Darstellung und einen nützlichen Überblick über das Leben und die Arbeit des Rates in den vergangenen sieben Jahren. Im Rahmen eines intensiven Prozesses von Anhörungen und im Padare werden Sie in diesen Tagen Gelegenheit haben, sich ein Bild von der Arbeit des Rates in allen ihren Dimensionen, Aspekten und Manifestationen zu machen.

5. Mein Bericht besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil werde ich kritisch auf die Programmarbeit des Rates eingehen und dabei einige Schlüsselbereiche unseres Engagements herausstellen, auf neue Entwicklungen hinweisen und ausführen, inwiefern sie Auswirkungen auf die Mitgliedskirchen haben. Im zweiten Teil werde ich mich mit der Bedeutung des 50. Jahrestages der Gründung des ÖRK und mit dem 50jährigen Bestehen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte befassen und versuchen, einige Herausforderungen und Perspektiven näher zu beleuchten, die sich aus diesen beiden Jubiläen für das Leben unserer Kirchen und für die Zukunft der ökumenischen Bewegung ergeben. Schließlich möchte ich Ihnen einige persönliche Gedanken zum Thema dieser Vollversammlung und zum weiteren Weg unserer ökumenischen Bewegung vortragen.

I

6. Der Studienprozeß, der unter dem Titel Auf dem Weg zu einem gemeinsamen Verständnis und einer gemeinsamen Vision des Ökumenischen Rates der Kirchen (CUV) bekannt geworden ist, wurde im Jahre 1989 begonnen und wurde zum wichtigsten Vorhaben während des Berichts-Zeitraums. Er führte den Rat in zwei umfangreiche interne Umstrukturierungen und zu neuen Prioritäten im Programm. Die erste Umstrukturierung fand im Jahre 1991, gleich nach Canberra, statt und gliederte die Programmarbeit des ÖRK in vier Einheiten: Einheit und Erneuerung; Kirchen in Mission: Gesundheit, Bildung, Zeugnis; Gerechtigkeit, Frieden und Schöpfung und Teilen und Dienst. Aus historischen und methodischen Gründen wurde jede Einheit untergliedert; die dabei entstandenen Gebilde erhielten unterschiedliche Namen wie Team, Arbeitsbereich oder Referat. Die Einheiten wurden unter Beibehaltung ihrer spezifischen Aufgaben zu Zusammenarbeit und konzentriertem Handeln aufgefordert. In fast sechs Jahren der Erprobung und konkreter Erfahrungen stellten sich angesichts umfangreicher Veränderungen im Leben der Kirchen die Mängel der neuen Struktur heraus. Diese Tatsache und ein erheblicher Rückgang der Einnahmen des Rates veranlaßten den ÖRK zu einer zweiten Strukturreform im Rahmen des CUV-Prozesses. Bei seiner letzten Tagung im Jahre 1997 unterstützte der Zentralausschuß die Vorschläge für strukturelle Veränderungen sowie für Verfassungsänderungen, die der Vollversammlung zur Beschlußfassung vorgelegt werden müssen. Dabei ist zu erwähnen, daß die Bemühungen um diese beiden internen Strukturveränderungen einer grundlegenden Frage entsprangen, nämlich: Wie kann der ÖRK als Instrument der ökumenischen Bewegung den Kirchen in ihrem anhaltenden Bemühen um sichtbare Einheit und in ihrem gemeinsamen Zeugnis in einer sich rasch verändernden Welt am besten dienen? Diese Frage hat auch die Programmarbeit des Rates bestimmt, getragen und ihr die Richtung gewiesen.

Auf dem Wege zu vollkommenerer und sichtbarerer Koinonia

7. Das Streben nach vollkommenerer, sichtbarer Einheit bleibt das Herzstück der ökumenischen Bewegung und ein Hauptziel des ÖRK. In Canberra nahm die Vollversammlung eine Erklärung an, in der die Einheit der Kirche als Koinonia beschrieben wird, die Gottes Gabe und Berufung ist, und die Kirchen als Vorwegnahme dieser Gemeinschaft mit Gott und miteinander angesehen werden. Die Fünfte Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung (Santiago de Compostela, 1993) hat sich mit der Bedeutung und den Implikationen der Koinonia für das Leben und die Arbeit der Kirche befaßt und dabei besonderes Augenmerk auf "Koinonia im Glauben, im Leben und im Zeugnis" gelenkt. Die Konferenz, zu der Teilnehmer aus allen Kontinenten und kirchlichen Traditionen zusammenkamen und die von einer ganzen Reihe von Regionalkonsultationen zu diesem Thema vorbereitet worden war, suchte auch nach Schritten auf dem Wege zu einem sichtbaren Ausdruck der Koinonia im Leben der Kirche; sie arbeitete die theologischen und praktischen Implikationen des Lebens in Gemeinschaft heraus.

8. Im Zusammenhang mit der Suche nach Zeichen vollkommenerer, sichtbarerer Koinonia verfaßte die Kommission für Glauben und Kirchenverfassung ein Konvergenzpapier über Wesen und Aufgabe der Kirche. Diese Frage ist von grundsätzlicher Bedeutung, weil die Meinungsverschiedenheiten in diesem Bereich das Wachstum einer sichtbareren Koinonia hindern. Das Papier untersucht ferner die Bedeutung von Koinonia im Sinne von "teilhaben", "mitwirken", "gemeinsamem Handeln" und "des Eingehens einer verbindlichen Beziehung mit gegenseitiger Rechenschaftspflicht". In Zukunft wird sich Glauben und Kirchenverfassung der Frage zuwenden, wie die Kirchen an der Arbeit beteiligt werden können, die sich stärker auf kontextbezogene und konfessionelle Ausdrucksformen dessen beziehen soll, was es bedeutet, Kirche zu sein. Außerdem sind wir verpflichtet, uns gegenseitig dabei zu unterstützen, dem Evangelium in unterschiedlichen Situationen treu zu sein. Das Verständnis, das in dem CUV-Dokument entfaltet wird, nämlich der ÖRK als Gemeinschaft von Kirchen, ist eine Einladung an die Mitgliedskirchen zu Zeichen solcher Solidarität und Rechenschaftspflicht.

9. Wie aber verstehen die Kirchen das Evangelium und wie artikulieren sie dieses Verständnis? Unterschiedliche Schwerpunkte, die gelegentlich zu Entfremdungen unter den verschiedenen Traditionen führen, sind zum Teil eine Folge davon, daß das Evangelium auf unterschiedliche Weise gelesen wird, und eines unterschiedlichen Verständnisses der Kirchengeschichte. Im Bemühen um vollkommenere, sichtbarere Koinonia war es wichtig, zu Konvergenz in den Methoden der Interpretation zu finden; dazu gehören auch die kontextuellen Methoden, den christlichen Glauben zu verstehen und zu artikulieren. Das Streben nach vollkommenerer Koinonia erfordert auch eine kritische Würdigung der Struktur, der Bedeutung und der Symbolik des Gottesdienstes. Demzufolge hat sich die Kommission während dieses Zeitraums zusammen mit Liturgikern mit Gottesdienstformen (sowohl mit als auch ohne Eucharistie) auseinandergesetzt, die heute Gemeingut einer immer größeren Zahl von Kirchen sind, sowie mit den Fragen, die sich aus der Inkulturation des Gottesdienstes in lokalen Kontexten ergeben, und mit den ethischen Implikationen des Gottesdienstes, insbesondere der Taufe. Diese Arbeit wird mit Sicherheit einigen christlichen Traditionen helfen, den Gottesdienst der anderen als authentischen und glaubensgemäßen Ausdruck des Gebets und des Lobpreises für den dreieinigen Gott anzuerkennen.

10. Wie die Fünfte Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung erklärte, gibt es kein ernsthaftes Bemühen um die Einheit der Kirche ohne die Beteiligung an den Auseinandersetzungen der Welt. Die Kommission für Glauben und Kirchenverfassung hat im Zusammenwirken mit der Einheit III im Rahmen eines Studienprozesses zum Thema Ekklesiologie und Ethik die Implikationen der Koinonia für das Engagement in sozialethischen Fragen untersucht. Ich denke, daß solches Engagement zum Wesen des Lebens der Kirche gehört. Unsere Antwort aus dem Glauben auf die entscheidenden Probleme der Menschheit und der Welt heute ist kein beliebiges "Extra" unserer Kirchen, sondern eine Sache der Treue zum Evangelium. Und wenn Christus uns gebietet, eins zu sein, dann ruft er uns zugleich zu einem gemeinsamen Engagement in den ethischen, sozialen und wirtschaftlichen Fragen unserer Zeit. Dieses gemeinsame Engagement ist nicht immer eindeutig und bequem; es kann unter Umständen Empfindlichkeiten verletzen und Spannungen hervorrufen, und es kann unsere Entscheidung, "beieinander zu bleiben", auf den Prüfstand stellen. "Teure Einheit verlangt teures Einstehen füreinander". Das ruft die Kirchen auf zu gegenseitigem Vertrauen und zu gegenseitiger Rechenschaftspflicht. Koinonia muß von einer ökumenischen Spiritualität gestützt und gestärkt werden, die die zentrale Bedeutung des Gebets miteinander und füreinander und des sich gegenseitigen Annehmens über unsere Unterschiede hinweg bejaht. Diese ökumenische Spiritualität, mit deren Studium der Rat gerade begonnen hat, muß noch weiter entfaltet werden.

Keine Koexistenz zwischen Ökumene und Proselytismus

11. Im Laufe der Jahre hat der Rat wiederholt dargelegt, in welchem Verhältnis Mission und Einheit, Zeugnis und Ökumene zueinander stehen. Es ist für die ökumenische Bewegung und für den ÖRK eine Angelegenheit von außerordentlicher Tragweite, daß der Proselytismus auch weiterhin eine schmerzliche Realität im Leben der Kirchen ist. Zwischen Ökumene und Proselytismus gibt es keine Koexistenz. Proselytismus ist nicht nur Zeugnis gegen das Zeugnis, sondern er leugnet fundamentale theologische und missiologische Überzeugungen.

12. Wir sind uns bewußt, daß die Situation, die in Osteuropa und in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion nach dem Zusammenbruch des Kommunismus entstanden ist, für die ökumenische Bewegung zu einem besonders dringlichem Problem geworden ist. Bei allen größeren ökumenischen Tagungen seit 1989 sind wir daran erinnert worden, daß die neue Freiheit für die Kirchen, ihr Zeugnis offen ablegen und entfalten zu können, den Kirchen am Ort nicht nur ungeahnte Chancen geboten hat, sondern auch scharenweise ausländischen missionierenden Gruppen und Sekten die Möglichkeit gab, ihre konkurrierende missionarische Tätigkeit auf Menschen zu erstrecken, die bereits zu einer der Kirchen in diesen Ländern gehörten. Das Wiederaufleben der Spannungen zwischen den orthodoxen Kirchen und der Römisch-katholischen Kirche wegen der Katholischen Kirchen des Östlichen Ritus ist ein weiteres Beispiel in diesem Zusammenhang. Damit ist auch die Frage, wie wir unsere Geschichte aufarbeiten und gegenseitige Ignoranz und Mißtrauen gegeneinander überwinden können, zu einem fundamentalen ökumenischen Anliegen unserer Zeit geworden. Die Situation in Osteuropa ist sicherlich ein Sonderfall, aber sie ist keineswegs einmalig. In den letzten Jahren war ein Anwachsen aggressiver evangelistischer Gruppen und Konkurrenzkampf in der Mission zu beobachten, der auch in vielen anderen Regionen der Welt marktwirtschaftliche Züge angenommen hat. Wir dürfen uns darüber freuen, daß an vielen Orten die Mission wiederaufgelebt ist, aber wir dürfen auch nicht die Augen vor dem Schaden verschließen, der der Einheit der Kirche Christi von den verschiedenen Richtungen des Proselytismus zugefügt wird.

13. In Anbetracht der zahllosen neuen und vielschichtigen Verhältnisse und Klagen veranstaltete der Rat Teambesuche in Osteuropa und in Genf eine größere Konsultation zum Thema Uniatismus . Der Zentralausschuß empfahl seinerseits im Jahre 1991, das Verhältnis von Proselytismus und gemeinsamem Zeugnis gründlicher zu untersuchen. Die Einheit II leitete einen breitangelegten konsultativen Studienprozeß ein, der in die Arbeit der Gemeinsamen Arbeitsgruppe (JWG) eingegliedert wurde und Kirchen, Missionsgesellschaften, Evangelikale, Pfingstkirchen und charismatische Gruppen, Theologen, Missiologen und Ortsgemeinden an der Arbeit beteiligte. Neue Impulse erhielt dieser Studienprozeß von der Weltkonferenz für Mission und Evangelisation (1996 in Salvador, Brasilien) und vom CUV-Prozeß. Er führte zur Formulierung einer Erklärung mit dem Titel Auf dem Weg zu einem gemeinsamen Zeugnis – Ein Aufruf zu verantwortlichen Beziehungen in der Mission und einer Absage an den Proselytismus. Dieses Dokument, das im Jahre 1997 vom Zentralausschuß gebilligt wurde, erklärte einerseits, daß der ÖRK hier helfend tätig werden könne, wies aber andererseits die Hauptverantwortung für die Durchsetzung dieser Erklärung den Kirchen selbst zu.

14. Bei der Beschäftigung mit den Fragen, die unser gemeinsames Leben betreffen, müssen wir daran denken, daß eine der wichtigsten noch nicht erledigten Aufgaben der ökumenischen Bewegung die ökumenische Bildungsarbeit auf allen Ebenen ist. Das Ökumenische Theologische Ausbildungsprogramm (ETE) des Rates hat in dieser Hinsicht eine wichtige Arbeit geleistet. Ökumenische Bildungsarbeit und ökumenisches Lernen sowie die Liebe und Achtung gegenüber anderen Kirchen sollen zu neuen Prioritäten für die Mitgliedskirchen werden; es ist jedoch darüber hinaus von großer Bedeutung, daß die Kirchen die Erklärungen über die Dringlichkeit gemeinsamen Zeugnisses, die vom ÖRK herausgegeben worden sind, verbreiten, diskutieren, sich zu eigen machen und vertreten. Vielleicht ist jetzt die Zeit gekommen, die Kirchen zu ermutigen, sich selbst zu prüfen, wie es um ihre Kenntnis der und ihr Engagement für die Grundsätze und Richtlinien steht, zu denen sie sich in der ökumenischen Gemeinschaft bekennen.

Pluralismus: Neuland für christliche Bildungsarbeit

15. Ein weiteres dringliches Problem, das einer konzertierten ökumenischen Reaktion bedarf, ist der Pluralismus. Überall in der Welt finden sich christliche Gemeinschaften an ihrem Ort von Nachbarn umgeben, die sich zu einem anderen Glauben bekennen, die anderen kulturellen Traditionen und Weltanschauungen angehören oder die an gar nichts glauben. Für manche Kirchen ist der Pluralismus eine relativ neue Erscheinung, mit der sie im wesentlichen durch Migration oder Fluchtsituationen in Berührung kommen. Andere, für die das Nebeneinander von Religionen jahrhundertelang zu ihrem Leben gehörte, erleben jetzt neue Spannungen, teils weil sich das Gleichgewicht unter den religiösen Gruppen verschiebt, teils durch das Aufkommen des Fundamentalismus.

16. Der Pluralismus und die Anforderungen, die er an christliche Bildungsarbeit stellt, müssen vom Rat und von den Kirchen vorrangig behandelt werden. Wie können die Kirchen im Rahmen eines Lern- und Bildungsprozesses Gottes Versöhnung und seine Einstellung zu den Menschen, die niemanden ausschließt, in pluralistischen Gesellschaften deutlicher zum Ausdruck bringen? Wie können Ortsgemeinden dabei unterstützt werden, Ängste und Vorurteile zu überwinden, die dazu führen, daß Fremde ausgegrenzt werden? Wie kann Christen Hilfestellung gegeben werden, die religiösen Traditionen ihrer Nachbarn kennenzulernen und so zu einer Haltung der Achtung und der Offenheit zu finden? Welche Hilfsmittel stehen für bessere interreligiöse Beziehungen zur Verfügung?

In diesem Zusammenhang bleibt die christliche Laienbildung auch weiterhin eine vorrangige Aufgabe der Kirchen. Die Kirche ist nun einmal das Volk Gottes, die Gemeinschaft von Männern und Frauen. Die Kirchen müssen eine Pädagogik entwickeln, die den Menschen gerecht wird und durch die die Ortsgemeinden in den Lernprozeß in ihrem jeweiligen Umfeld einbezogen werden.

17. In diesem Zeitraum hat der Rat durch den Arbeitsbereich "Integrative Gemeinschaft" der Einheit I und die Programme "Evangelium und Kulturen", "Bildung und kirchlicher Dienst" im städtischen und ländlichen Bereich der Einheit II die Federführung übernommen, um das Nachdenken und den Gedankenaustausch über einige dieser Fragen anzuregen und zu praktischer Zusammenarbeit von Menschen verschiedenen Glaubens zu ermutigen. Er unterstützt mit Hilfe eines Programms, das nach zwei Richtungen hin angelegt ist, gezielt neue Ansätze christlicher Bildungsarbeit in pluralistischen Kontexten. Zum einen werden Sonntagsschullehrer, Religionslehrer an Schulen, Pädagogen aus der Erwachsenenbildung, Gemeindehelferinnen, Lehrplanexperten und Seminarleiter angesprochen, zum anderen Frauen mit Fachkenntnissen in bestimmten Bereichen der Frauenarbeit, Akademikerinnen und Hausfrauen, die in interreligiösen Kontexten leben. Bei einem weltweiten Seminar in Salatiga, Indonesien, wurde fruchtbare Arbeit für die Herstellung von elementaren Lehrmaterialien geleistet, die vermitteln können, wie man als Christ in Gemeinschaft mit Menschen anderen Glaubens leben kann. Eine grundlegende Tagung fand auch in Taschkent statt, wo erstmals christliche und muslimische Religionslehrer zusammenkamen, um darüber zu diskutieren, wie man etwas von dem Glauben der anderen erfahren und wie ein Bildungs- und Ausbildungsprozeß in Gang gesetzt werden kann. Vor uns liegt die wichtige Aufgabe, die Möglichkeit zu schaffen, daß Christen durch den Austausch über ihre Alltagserfahrungen lernen können, gastfreundlicher zu werden, und es müssen interreligiöse Bildungsmodelle und –Ansätze entwickelt werden.

Kontextuelle Mission

18. Die Kirchen in der ganzen Welt sind gerufen, auf authentische Weise Zeugnis vom Evangelium abzulegen, wobei authentisch verstanden wird sowohl als Treue gegenüber dem, was Gott in Christus getan hat, als auch als Verwurzelung in der örtlichen Kultur. In den letzten Jahrzehnten wurde in den ökumenischen Diskussionen der Ruf nach Authentizität und Relevanz in der Mission mit einem stärkeren Gefühl der Dringlichkeit erhoben. Die Vollversammlung in Vancouver forderte den ÖRK auf, den Mitgliedskirchen zu helfen, Veständnis für das Verhältnis zwischen Evangelisation und Kultur zu entwickeln, und zwar sowohl im Hinblick auf die kontextgemässe Verkündigung des Evangeliums in allen Kulturen als auch auf die verwandelnde Kraft des Evangeliums in jeder Kultur. In Canberra wurde mit Nachdruck erklärt, dass das Evangelium Christi in jeder Kultur konkrete Gestalt annehmen muss, und es wurde darauf hingewiesen, dass die Kirchen erkennen müssen, auf welche Weise die verschiedenen Kulturen das Evangelium nähren und bereichern.

19. In den letzten sieben Jahren hat der Rat sich besonders bemüht, Reflexion und Aktion in Richtung auf kontextuelle Mission zu ermutigen, die verstanden wird sowohl als authentische Inkulturation als auch als kontextgemässe Verkündigung. Es wurden eineReihe von regionalen Konsultationen über kontextuelle Mission und Evangelisation veranstaltet. Diese Treffen waren wichtige Gelegenheiten, um die einzelnen Kontexte zu erkennen und die Motive, den Inhalt und die Methoden der Mission und Evangelisation in den Kulturen zu prüfen. Solidarität und Mitwirkung im Streben armer und ausgegrenzter Gemeinschaften nach Gerechtigkeit und Fülle des Lebens werden seit langem als zentrale Aufgabe der Mission der Kirchen verstanden. Diese Arbeit wurde von URM (Kirchlicher Dienst im städtischen und ländlichen Bereich) entwickelt und gefördert.

20. Die Studie über Evangelium und Kultur und der Schwerpunkt, den sie für die Konferenz für Weltmission und Evangelisation bildete, half den Kirchen, authentischeres Zeugnis innerhalb ihrer Kulturen abzulegen. Diese Studie, die von Kirchen, ökumenischen Gremien, speziellen Gruppen, theologischen Institutionen und interessierten Einzelpersonen in mehr als sechzig Ländern durchgeführt wurde, warf ein neues Licht auf die dynamische und kreative Wechselbeziehung zwischen Evangelium und Kulturen und bot sowohl wertvolle Kritik als auch wichtige Bestätigungen für die kontextuelle Mission der Kirchen. In den Fällen, in denen es keine ausreichend intensive Interaktion zwischen dem Evangelium und den lokalen Kulturen gibt, sind die Kirchen herausgefordert, Schritte zu unternehmen, um das Evangelium stärker zu konkretisieren. In Situationen, in denen die Stimme des Evangeliums durch starke Kräfte unterdrückt wird, in denen es in zu grosser Nähe zu ungezügeltem Individualismus und Konsumwerten gelebt oder in denen das Evangelium in die Privatsphäre verwiesen wird, werden die Kirchen gedrängt, sich der Herausforderung der christlichen Botschaft neu zu stellen. Tatsächlich hat die Studie über Evangelium und Kultur uns geholfen, uns nicht nur auf die Symbole und Werte unserer Kulturen im Verhältnis zum Evangelium zu konzentrieren, sondern auch die strukturellen Realitäten in Kulturen zu prüfen, die die Präsenz des Evangeliums unterdrücken und leugnen. Wir sind nachdrücklich daran erinnert worden, dass den Kräften des Rassismus, der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Ausgrenzung und den destruktiven Auswirkungen der Globalisierung mit dem entschlossenen Zeugnis der Kirchen für die befreiende Botschaft von Gottes inklusiver und versöhnender Liebe zu allen Menschen und der gesamten Schöpfung begegnet werden muss. Ich glaube, dass Globalisierung, Kontextualisierung und Pluralismus mit all ihren Implikationen für Mission und Evangelisation in den kommenden Jahren weiterhin intensiv untersucht werden müssen.

Auf dem Weg zu einem ganzheitlichen heilenden Amt

21. Die Kirchen erkennen an, dass sie von Gott gerufen sind, durch das Beispiel ihres Herrn und durch die Kraft des Heiligen Geistes heilende Gemeinschaften zu sein und am heilenden Amt teilzuhaben. In einer Welt, die gekennzeichnet ist von Gebrochenheit durch Krieg, Ungerechtigkeit, Armut, Ausgrenzung und Krankheit, ist ihnen die Möglichkeit gegeben, Heilung, Vergebung und Ganzheit zu finden und diese Gaben in der Gesellschaft zum Tragen zu bringen. Diese Berufung wird in der heutigen Situation immer dringlicher, in der die Vertreibung von Menschen aufgrund von Gewalt und Ungerechtigkeit in bisher nicht gekanntem Ausmass weitergeht, in der Umweltschäden die Lebensqualität zerstören und in der die Kombination von marktbesessener Wirtschaft und Abkehr von dem Prinzip, der Gesundheit im öffentlichen Interesse Priorität einzuräumen, das Überleben und das Wohlergehen der menschlichen Gemeinschaft bedroht. Durch sein Programm CMC-Kirchliche Gesundheitsarbeit hat sich der Rat darum bemüht, die Kirchen für eine volle Teilnahme an diesem heilenden Amt auszustatten, zu stärken und zu befähigen. Von zentraler Bedeutung für die Erfüllung dieser Aufgabe war die grundlegende Überzeugung, dass Spiritualität, Theologie und Ethik, Gerechtigkeit und Fürsprache, Menschenrechte und die Sichtweisen von Frauen und verwundbaren Gruppen, Befähigung und Kompetenzbildung alle miteinander verbunden sind. In dieser Berichtsperiode wurde in Seminaren, z.B. über das Thema "Medizin und Theologie: Können sie zusammenkommen?", in einer Reihe von Workshops über gemeinschaftsbezogene Methoden und über Gesundheit und Heilen im kulturellen Kontext sowie in Sondertagungen zu so speziellen Themen wie Menschenrechte und die ungeschützte Situation von Frauen sehr wichtige Arbeit geleistet.

22. Daneben bemüht sich der Rat, die Zusammenarbeit zwischen den Kirchen zu fördern, die Frage der Entwicklung personeller Ressourcen anzugehen, die kirchlichen Sichtweisen in globalen Foren über Gesundheit zur Geltung zu bringen, Faktoren zu analysieren, die den Betrieb von kirchlichen Gesundheitseinrichtungen dauerhaft tragfähig machen, und Vorstellungen vom Wesen des gesundheitsbezogenem und heilendem Amt der Kirche weiterzuvermitteln. Die breitangelegte Studie des Rates über HIV/AIDS, die über drei Jahre hinweg durchgeführt wurde, befasste sich intensiv und aus ganzheitlicher Perspektive mit Krankheit und Gesundheit, Gebrochenheit und Heilen. Als Reaktion auf die dringende Bitte der Kirchen um Hilfe beim Umgang mit Schmerzen, Angst und Ignoranz im Zusammenhang mit AIDS plante eine speziell eingerichtete Beratungsgruppe einen Prozess, in dem die Bereiche Theologie und Ethik, Seelsorge und Kirche als heilende Gemeinschaft sowie Gerechtigkeit und Menschenrechte als solche, aber miteinander verbunden, ausgeleuchtet wurden. Die Studie baute auf bereits von den Kirchen geleisteter Arbeit auf und stützte sich auf Beziehungen, die in den Regionen und zu Expertengremien schon bestanden; sie gipfelte in der Erarbeitung eines äusserst wertvollen und zeitgerechten Dokuments für die Kirchen mit dem Titel AIDS und die Kirchen (Verlag O. Lembeck, Frankfurt a.M) sowie einer Stellungnahme zu AIDS; dieses Material wurde 1996 vom Zentralausschuss verabschiedet. Es wird weiter fruchtbar gemacht, indem Kirchen, Hilfswerke und Netzwerke die Ergebnisse diskutieren, übersetzen, anpassen und kritisieren. Die Aktivitäten des ÖRK zum heilenden Amt der Kirche sind umfassend und miteinander verbunden. Die Kirchen sind herausgefordert, ihre Ressourcen uneingeschränkt zur Heilung der menschlichen Gebrochenheit einzusetzen, als Zeichen der von Gott gewollten Fülle des Lebens für alle. Es wird zwar nicht möglich sein, Programme in diesem Bereich im gleichen Stil wie in der Vergangenheit fortzusetzen, doch sollte das heilende Amt der Kirche, das eine wesentliche Dimension der missionarischen Berufung der Kirchen ist, auch weiterhin einer der Schwerpunkte der Arbeit des Rates sein.

Eine Dekade, die Würde und Gerechtigkeit hervorgebracht hat

23. Die Ökumenische Dekade der Kirchen in Solidarität mit den Frauen wurde 1988 ins Leben gerufen. Diese Dekade sollte den Kirchen Raum und Zeit geben, um die Verpflichtungen, die seit Beginn der ökumenischen Bewegung gegenüber den Frauen eingegangen wurden, in konkrete Taten umzusetzen. Die Zielsetzung der Dekade war weit genug gesteckt, um die Sorgen und Probleme jeder Kirche innerhalb ihres eigenen Lebens und ihres eigenen Kontextes zu behandeln. Der Schwerpunkt lag auf der örtlichen und der nationalen Kirche, um jede Kirche, und auch jede Gemeinde, zu einer wirklich inklusiven Gemeinschaft machen zu können. Es ist bedauerlich, dass die Kirchen nicht so aufgeschlossen waren wie erhofft. Es gab allerdings einige wichtige Zeichen sichtbarer Solidarität der Kirchen während dieser Zeit. Wir haben in den letzten zehn Jahren bemerkenswerte Veränderungen erlebt. Zwar können diese nicht allein der Dekade zugeschrieben werden, aber es besteht doch wenig Zweifel, dass die Dekade dazu beigetragen hat, den Kirchen einen Handlungsimpuls zu geben. Tatsächlich sind die pro-aktive Rolle der Kirchen beim Ruf nach Veränderung, die zunehmende Partizipation von Frauen in allen Sphären und auf allen Ebenen der Kirche und des Gemeinschaftslebens, einschliesslich der Entscheidungsfindung, die Reaktivierung von Frauenorganisationen, die sich mit Fragen der sozialen und wirtschaftlichen Gerechtigkeit befassen, zunehmende Besorgnis über Gewalt gegen Frauen sowie das Entstehen ähnlicher Initiativen und Aktionen in vielen Kirchen und Gesellschaften ein konkreter Ausdruck der Auswirkungen der Dekade auf das Leben und Zeugnis der Kirchen.

24. Die ökumenischen Teams, die die Mitgliedskirchen in der Mitte der Dekade besucht haben, haben unter anderem folgendes festgestellt:

1) Frauen in der ganzen Welt haben die Dekade als Chance betrachtet, sich stärker zu organisieren und sich innerhalb der einzelnen Länder und weltweit zu vernetzen. Es gibt viele Beispiele für dieses wachsende Gefühl weltweiter Solidarität unter den Frauen.

2) Die Teambesuche in der Mitte der Dekade boten den Frauen Gelegenheit, sich über Fragen, die für sie von grosser Bedeutung sind, auszusprechen. Vier Probleme fanden dabei besondere Beachtung: a) weiterhin bestehende Barrieren für die Partizipation von Frauen in allen Aspekten des kirchlichen Lebens, b) die weltweite Wirtschaftskrise und ihre schwerwiegenden Folgen für das Leben der Frauen, c) Gewalt gegen Frauen und das wachsende Bewusstsein, dass dieses Problem der ernsthaften und aktiven Aufmerksamkeit der Kirchen bedarf, d) Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, die unsere Gesellschaft zerreissen, und die Auswirkungen, die dies auf das Leben der Frauen hat.

3) Oft haben Themen im Zusammenhang mit Frauen Uneinigkeit gestiftet und sogar gedroht, die ökumenische Bewegung und die Kirchen zu zerreissen. Wenn Frauen ihre Stimme erheben, geschieht es nur allzu oft, dass ihre Äusserungen als aggressiv angesehen oder als Forderung nach einer nur symbolischen Vertretung in Machtpositionen aufgefasst werden. Bei der Lektüre des Berichts über die Partizipation der Frauen in der Kirche wird jedoch deutlich, dass die Frauen dringend nach einer aufgeschlosseneren Kirche und nach einer partizipatorischen und inklusiven Gemeinschaft verlangen.4

25. Die Frauen betrachten die Dekade als einen Raum, in dem die Kirchen die Beiträge und die Gaben der Frauen würdigen können. Aber haben die Kirchen diesen Appell wirklich gehört? Der ÖRK hat ungeheuer viel personelle und finanzielle Ressourcen in das Dekade-Projekt gesteckt. Was ist dabei für die Kirchen und die ökumenische Bewegung herausgekommen? Trotz der Fortschritte, die die Dekade und die ökumenische Bewegung erzielt haben, sind Frauen noch immer nicht voll akzeptiert und in die Arbeit und das Leben der Kirchen integriert. Was die Dekade erreicht hat, ist nur der Beginn eines langen Prozesses. Diese Vollversammlung wird eine Stellungnahme zur Dekade diskutieren und die Kirchen definitiv auffordern, die sich aus der Dekade ergebenden Fragen in Zukunft ernst zu nehmen und verantwortungsbewusst zu behandeln.

Für eine integrierte Jugendarbeit

26. Die Integration der Jugend und ihrer Belange in das Leben und die Arbeit des Rates war in der Geschichte der ökumenischen Bewegung ein ständiges Anliegen. Die Fünfte Vollversammlung verlieh diesem Anliegen Ausdruck, indem sie feststellte: "Die Jugendarbeit sollte einen relativ autonomen Charakter haben, strukturell jedoch zu einer bestimmten Programmeinheit gehören und dabei gleichzeitig mit allen Einheiten in Verbindung stehen, damit die Präsenz und die Anliegen der Jugend uneingeschränkt in das Leben der ökumenischen Bewegung eingebracht werden können".5 Inzwischen wurde das Jugendreferat des Rates in eine Einheit integriert, allerdings mit dem Mandat, zu gewährleisten, dass die Jugendarbeit alle Aspekte des Programmes des Rates durchdringt; Ziel ist dabei, der Versuchung zu widerstehen, die Belange der Jugend "auf eine einsame Insel" abzuschieben.

27. Das ÖRK-Praktikantenprogramm hat sich als eine Brücke zwischen dem Jugendteam und der jeweiligen Einheit/dem jeweiligen Programm erwiesen, dem die Praktikantinnen und Praktikanten zugewiesen wurden. Es hat den verschiedenen Einheiten geholfen, die Gaben junger Menschen zu entdecken und in ihre Arbeit zu integrieren, und auch dazu beigetragen, junge Menschen zu schulen und ihre Fähigkeiten zu entwickeln; dadurch wiederum werden sie zu ökumenischen Katalysatoren auf ihrer örtlichen/nationalen Ebene.

Die Studie über Evangelium und Kultur führte während zwei Jahren zu enger Zusammenarbeit und einheitsübergreifendem Engagement zwischen dem Arbeitsbereich Evangelium und Kultur und dem Jugendteam. Die jungen Menschen wurden in diesen Prozess integriert durch a) Mitwirkung in der internationalen Planungsgruppe und zwei Workshops, dis sich speziell an Jugendliche richteten; b) Mitarbeit in der Redaktionsgruppe für Evangelium und Kultur, die die verschiedenen Jugendverantstaltungen mit dem gesamten Prozess verband; c) das Jugendtreffen vor der Konferenz für Weltmission und Evangelisation; dieses Treffen brachte viele der am Prozess beteiligten Jugendlichen zusammen und bewirkte, dass sie wertvolle Beiträge zur Konferenz leisten konnten.

28. Die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, dass, wann immer das Jugendteam mit anderen Teams (Frauen, PCR, ECOS, CCIA) zusammengearbeitet hat, alle Beteiligten und ihre jeweiligen Mitgliederkreise wertvolle Erfahrungen machen konnten. Besondere Erwähnung verdient im diesem Zusammenhang die Arbeit von "Glauben und Kirchenverfassung" mit "Jüngeren Theologinnen und Theologen", eine Beziehung, die in den kommenden Jahren gefördert werden sollte. Gemäss der Empfehlung von Canberra hat sich der Rat verpflichtet, die Perspektiven der Jugend in die gesamte Arbeit des Rates zu integrieren. Eine kritische Auswertung der Arbeit der Einheiten zeigt, dass dieser Auftrag nicht voll erfüllt wurde, ausser in Einheit III, der administrativen Basis des Jugendreferats. Dieser Missstand sollte in Zukunft behoben werden, damit die Jugend die ökumenische Bewegung in vollerem Masse bereichern kann. Der Rat muss diese Verpflichtung ernst nehmen, wenn es eine neue Generation von ökumenisch gesinnten und engagierten jungen Menschen in denKirchen geben soll. Wir müssen mit den Jugendlichen zusammenarbeiten, um neue Berufungen zu schaffen. Nur durch die Einbeziehung der jungen Menschen in die ökumenische Reise werden wir eine kreative und sinnvolle Interaktion schaffen, die zwischen den Erwartungen der Jugend und der entstehenden neuen ökumenischen Vision eine Brücke schlagen kann.

Überlebensfähige Schöpfung durch eine bestandfähige Gesellschaft

29. Die Vollversammlung von Canberra war geprägt von einem neuen Bewusstsein für das Leiden der Schöpfung Gottes. Die Weltversammlung für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung in Seoul (1990) hatte die Kirchen bereits zu einer erneuerten Beziehung zu Gottes Schöpfung aufgerufen. Der "Erdgipfel" von Rio de Janeiro weckte die Hoffnung, dass eine bestandfähige Entwicklung die internationale Zusammenarbeit fördern und der Menschheit eine neue Zielrichtung geben könnte. Das Fazit, das die UNO im vergangenen Jahr aus dem Erdgipfel zog, zeigte allerdings, dass bei der Bewältigung der Probleme der Armut, des Konsums und der ökologischen Zerstörung nicht genug Fortschritte erzielt wurden. Der Zustand der globalen Umwelt hat sich seit 1992 nicht etwa verbessert, sondern war gekennzeichnet durch zunehmende Vergiftung, Treibhausgasemissionen und Abfallmengen. Immer noch werden die nicht erneuerbaren Ressourcen in einem eindeutig nicht verantwortbaren Ausmass genutzt. Neue Entwicklungen in der Biotechnologie und Gentechnik haben der Sorge um Gottes Schöpfung eine weitere Dimension hinzugefügt. Die Öffnung neuer Märkte für transnationale Unternehmen und biotechnologische Fragen stehen auf der Tagesordnung bei internationalen Verhandlungen und beim Abschluss von Handelsabkommen ganz oben; diese Aktivitäten beeinträchtigen oft die Rechte von Bauern und Urvölkern. Die Auswirkungen der Globalisierung und des Handels auf die menschliche Entwicklung und die Umwelt sind eindeutig ein sehr wichtiges und übergreifendes Problem für die Überlebensfähigkeit und für den Versuch, gerechte und bestandfähige Gemeinschaften zu fördern.

30. Die Arbeit des Rates zur Theologie des Lebens und zu den Klimaveränderungen hat unser Verständis für den Zusammenhang zwischen der Überlebensfähigkeit von Gottes Schöpfung und der Suche nach einer gerechten und bestandfähigen Gesellschaft vertieft. Die Kirchen und einzelne Christen spielen eine wichtige Rolle bei der Förderung dieser Verbindung; sie feiern Gottes Gabe des Lebens und entdecken die reichen Ressourcen unseres Glaubens wieder, die eine verantwortliche Haushalterschaft ermöglichen. Die Lektionen, die wir von Canberra bis Harare gelernt haben, wurden in der Erklärung der ÖRK-Delegation auf der Fünften Tagung der UN-Kommission für bestandfähige Entwicklung im Jahr 1997 zusammengefasst. "In unserer Arbeit stellen wir regelmässig den Begriff der bestandfähigen Entwicklung in Frage...Unsere Vision einer gerechten und ethisch verantwortbaren Wirtschaft erlegt uns die Verantwortung auf, Wirtschaftsformen zu entwickeln und zu fördern, die die Menschen und die Umwelt an die erste Stelle setzen. ... Wir sprechen immer häufiger von einer ‘bestandfähigen Gemeinschaft’, weil dies die Förderung von gerechten Beziehungen sowohl innerhalb der menschlichen Familie als auch zwischen Menschen und der übrigen ökologischen Gemeinschaft impliziert, mit anderen Worten; Gerechtigkeit innerhalb der gesamten Schöpfung Gottes."6 Tatsächlich kann die Vision der Ökumenischen Erde, die der Rat mit dem Programm zur Theologie des Lebens zu untersuchen begonnen hat, zu einem wichtigen Beitrag für die Zukunft des Lebens auf der Erde werden.

Überwindung von Gewalt durch Gerechtigkeit und Frieden

31. Trotz der Beendigung des Kalten Krieges ist der Krieg noch nicht von der Erde verbannt. An die Stelle traditioneller Kriege zwischen Staaten als wichtigste Quelle globaler Instabilität sind weitgehend langfristige Kriege geringer Intensität innerhalb der Staaten getreten. Diese gewaltsamen Auseinandersetzungen haben häufig ihren Ursprung in erbitterten ethnischen und religiösen Spaltungen. Die Gewalt hat sich vom Schlachtfeld auch auf unsere Strassen, in unsere Gemeinschaften, in unsere Häuser und in unsere Familien verlagert. Gewalt ist für die Menschheit nichts Neues. Neu in unserem Jahrhundert sind die Art und das Ausmass der Gewalt. Menschen leiden weltweit unter struktureller Gewalt. Das Bild der Gewalt durchdringt alle Bereiche des Lebens, auch die Schöpfung. Die Anwendung von Gewalt hat sich in unserer globalen Kultur Einlass verschafft. Das 20. Jahrhundert ist von der Ausbreitung dieser "Kultur der Gewalt" gekennzeichnet. Über politische und soziale Grenzen hinweg hält die Menschen vielmehr die Furcht und die gemeinsame Erfahrung der Gewalt zusammen als gegenseitige Hoffnungen und Bestrebungen.

32. Reaktionen der Kirchen auf das Problem der Gewalt gehörten zum ÖRK seit seiner Gründung. Das wird schon in der Erklärung der Ersten Vollversammlung deutlich. "Der Krieg als Mittel zur Beilegung von Streitigkeiten ist unvereinbar mit der Lehre und dem Vorbild unseres Herrn Jesus Christus."7 Es bestand seit jeher die Hoffnung, dass mit dem Zusammenwachsen der Kirchen zur Einheit die Religion kein Faktor in der Kriegsführung mehr sein würde. Die Schaffung einer starken Einheit bleibt auch weiterhin eine wesentliche Aufgabe der ökumenischen Bewegung. Im Jahre 1994 rief der Zentralausschuss ein Programm zur Überwindung der Gewalt (POV) ins Leben. Zweck dieses Programms war eine Infragestellung einer globalen Kultur der Gewalt und die Hinwendung zu einer Kultur gerechten Friedens. Dies war ein mutiger Schritt in der Geschichte der ökumenischen Bewegung.

33. Der konziliare Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung (JPIC) bot den Rahmen, innerhalb dessen POV entstanden ist. Seoul sah "die Konkretisierung des Bundesschlusses für JPIC in der Verpflichtung zu einer Kultur aktiver Gewaltfreiheit, die dem Leben dient, nicht als Rückzug aus Situationen von Gewalt und Unterdrückung, sondern als einen Weg, für Gerechtigkeit und Freiheit einzutreten."8 POV beruht auf folgenden Erkenntnissen, die in den letzten 50 Jahren gewonnen worden sind: a) Frieden und Gerechtigkeit sind untrennbar miteinander verbunden; b) angesichts der atomaren Bedrohung kann der Krieg nicht mehr als Mittel zwischenstaatlicher Politik und der Konfliktbewältigung angesehen werden; c) wir sind dazu aufgerufen, auf jede erdenkliche Weise für Gerechtigkeit zu sorgen, Frieden zu schaffen und Konflikte aktiv mit gewaltfreien Mitteln beizulegen.

34. Um POV grösseren Nachdruck zu verleihen, rief der Zentralausschuss 1996 die Kampagne Frieden für die Stadt ins Leben. Diese Kampagne erschloss dem ÖRK Neuland. Er knüpfte aktive Partnerschaften zu Gruppen (christlichen, interreligiösen und säkularen), die nicht zur ökumenischen Bewegung gehören, die aber sehr stark in friedensbildenden und Gewalt eingrenzenden oder überwindenden Aktionen engagiert sind. Viele Menschen verharren noch im Zustand des Fatalismus und der Resignation, andere greifen zur Gewalt, um Auseinandersetzungen beizulegen, und sehen noch nicht, wie wir uns der Kultur der Gewalt entziehen können; doch diese Kampagne war ein Zeichen der Hoffnung, einer Hoffnung, die nicht nur ein verkündetes Ziel ist, sondern in dem lebendigen Beispiel menschlicher Gemeinschaften wurzelt. Angesichts der alles durchdringenden Gegenwart von Gewalt im Leben menschlicher Gemeinschaften muß trotz der begrenzten Ressourcen des ÖRK, POV zweifellos eines der ehrgeizigsten Vorhaben des ÖRK in der nächsten Zeit bleiben.

Gemeinsam handeln und teilen

35. Das theologische Nachdenken über die Diakonie hat in den letzten vier Jahrzehnten bei der Zusammenführung der Aufgaben von Glauben und Kirchenverfassung und Mission und Evangelisation eine entscheidende Rolle gespielt. Grundlegende Veränderungen im Leben der Kirchen und der Gesellschaften und neue Gegebenheiten haben den Rat zu einem ganzheitlichen, integrativen Ansatz für die Diakonie gebracht. Wesen und Ziel der Diakonie wurden neu definiert, und es wurden neue Modelle und Methoden entwickelt. Der letzte Zeitabschnitt ist von wesentlichen Entwicklungen in Theologie und Praxis der Diakonie innerhalb des Rates gekennzeichnet.

1) Von der zwischenkirchlichen Hilfe zu gemeinsamem Handeln
36. Ressourcen miteinander teilen ist nicht nur ein neuer Name für Diakonie. Die neue Bezeichnung weist auf eine wesentliche Veränderung des Geber-Nehmer-Schemas zum Partnermodell hin. Partnerschaft bildet nach wie vor das Kernstück der Initiativen und Programmaktivitäten des Rates, und damit auch des gesamten Bereichs der Diakonie. Die Einheit IV hat stetig und sorgfältig daran gearbeitet, das Ökumenische Miteinanderteilen in institutioneller und funktioneller Hinsicht, aber auch in seiner kontextuellen Einbindung zu überprüfen und auf den neuesten Stand zu bringen; das System des Runden Tisches fand bei den ökumenischen Netzwerken als wichtiges Instrument starke Unterstützung. Es gibt sicherlich Fälle, in denen sich das System nicht bewährt hat, insgesamt wurde jedoch durch den Runden Tisch ein ökumenischer Treffpunkt geschaffen, an dem gemeinsames Nachdenken, Analyse, gemeinsame Entscheidungsfindung und gegenseitige Rechenschaftslegung möglich sind. Ebenso sind regionale Gruppen jährlich zusammengekommen, um den Partnern in den Regionen eine Plattform zu schaffen, wo sie miteinander über Prioritäten und Strategien für ökumenische Diakonie beraten können. Diese Gruppen waren bei der Aufnahme des Dialogs zwischen den Partnern im Bereich des Miteinanderteilens richtungsweisend.

37. Der Rat hat sich in diesem Zeitraum bemüht, die Qualität der ökumenischen Reaktionen in Notstandssituationen kritisch zu analysieren. Er hat den Umfang der Nothilfe ausgeweitet, so dass die Hilfe für die Betroffenen mit einem längerfristigen strategischen Ringen um Gerechtigkeit verbunden worden ist. Dieses Ziel hat die Diakonie des Rates in höchst komplizierte Situationen gebracht. Ruanda und Jugoslawien sind konkrete Beispiele für eine umfassende ökumenische Reaktion auf vielschichtige Notstandssituationen. Aus diesen Fällen haben wir gelernt, dass ein integrierter, umfassender Ansatz nicht bedeuten kann, dass alle Beteiligten alles machen. Es bedeutet vielmehr, dass wir eine sorgfältige Koordinierung brauchen, die allen Beteiligten die Möglichkeit gibt, ihren jeweiligen Anteil zu leisten. Ein so hohes Mass an Koordination zu erreichen, war Ziel einer grösseren Umstrukturierung der internen Verwaltung, die zur Schaffung eines neuen, in Genf ansässigen Nothilfe-Teams, Kirchen helfen gemeinsam (ACT) geführt hat, das gemeinsam vom ÖRK und dem Lutherischen Weltdienst betrieben wird. ACT ist Ausdruck des Zusammenwachsens in Partnerschaft. Viele Kirchen und ökumenische Partner sehen darin ein geeignetes Modell für gemeinsame Unternehmungen.

2) Auf dem Wege zu vieldimensionaler und dezentraler Diakonie
38. Zum gemeinsamen Teilen und Handeln gehören anhaltende und organisierte Bemühungen um die Gewinnung geeigneter Kräfte auf örtlicher Ebene und ihre Zurüstung. Begleitung ist zu einem wesentlichen Bestandteil der Diakonie des Rates im Sinne von Miteinanderteilen und gemeinsam handeln geworden. Frauen, Kinder, Überschuldete, Entwurzelte und Marginaliserte wurden zu den Zielgruppen dieser Art der Diakonie. Der Zentralausschuss nahm im September 1995 eine neue Grundsatzerklärung zu entwurzelten Menschen an. In dieser Erklärung wird festgestellt, dass Flüchtlinge, Migranten und Binnenvertriebene ein gemeinsames Schicksal teilen. Er forderte die Kirchen nachdrücklich auf, sich mit den neuen, vielschichtigen Umständen vertraut zu machen, die Menschen in eine solche Situation treiben, und sich erneut mit den biblischen Grundsätzen zu befassen, die Werte wie Gastlichkeit, Offenheit und Wahrung der Menschenwürde gegenüber den Fremden in unserer Mitte besonders hervorheben. Der Zentralausschuss hatte die Kirchen ferner aufgerufen, das Jahr 1997 zum Jahr der Kirchen in Solidarität mit den Entwurzelten zu machen.

39. Im Jahre 1996 beschloss der Zentralausschuss, die Fürsprache- und Netzwerkarbeit zugunsten der Kinder unter direkter Einbeziehung der Kinderorganisationen in der ganzen Welt fortzusetzen. Der ÖRK hatte nicht die Absicht, grössere Zuwendungen an Opfer im Kindesalter zur Verfügung zu stellen, da sich weltweit viele Organisationen dieser Aufgabe widmen. Dem Rat fiel erneut die Funktion zu, die Netzwerke der Mitgliedskirchen zu nutzen, die am Ort bestehen und weltweit vernetzt sind.

Eine der Grundursachen der Armut ist die Schuldenlast. Im Jahre 1997 veranlasste die Sorge über dieses Problem den Zentralausschuss, die Mitgliedskirchen aufzufordern, sich tatkräftiger in der Kampagne für den Schuldenerlass zu engagieren. Die Besorgnisse des Rates in der Schuldenfrage beruhten auf dem Wissen, dass immer mehr Menschen in Randgruppen abgedrängt und ausgegrenzt werden, weil die Schuldentilgung die nationalen Infrastrukturen überbelastet. Diese Vollversammlung wird die Schuldenfrage diskutieren und eine Erklärung dazu abgeben.

Beziehungen zur Römisch-katholischen Kirche

40. Der Rat und die Römisch-katholische Kirche (RKK) haben ihre ökumenischen Beziehungen und ihre Zusammenarbeit weiter ausgebaut und ihre Verpflichtung auf die eine ökumenische Bewegung erneuert. Die Päpstliche Enzyklika Ut Unum Sint, in der die Römisch-katholische Kirche ihre "unwiderrufliche Verpflichtung" auf die ökumenische Bewegung als "organischen Bestandteil ihres Lebens und ihrer Arbeit" hervorhebt, kann als Meilenstein in der jüngsten Geschichte der ökumenischen Bewegung angesehen werden. Die Enzyklika gliedert sich um den Schlüsselbegriff "Dialog" und denkt an einen "kontinuierlichen und sich vertiefenden Dialog", zu dem sie ausdrücklich ermutigt; dieser sei nur denkbar als ein "Dialog der Gewissen", und als ein "Dialog der Bekehrung". Besonders wichtig für den ÖRK und die ökumenische Bewegung sind in der Enzyklika die Ausführungen zur Bedeutung der Kommission für Glauben und Kirchenverfasssung und die Feststellung, dass "der Dienst des Bischofs von Rom an der Einheit ... für den Grossteil der anderen Christen eine Schwierigkeit darstellt". Er lud die "kirchlichen Verantwortlichen und ihre Theologen " zu "einem geduldigen und brüderlichen Dialog" "über die Erfüllung dieser notwendigen Aufgabe" ein. Zusammen mit der Enzyklika haben zwei weitere verbindliche Dokumente die theologischen Grundlagen und pastoralen Wegweisungen für das ökumenische Engagement der RKK und ihrer Beziehungen zu anderen Kirchen und ökumenischen Organisationen dargelegt. Es handelt sich um das Ökumenische Direktorium. Zur Ausführung der Prinzipien und Normen über den Ökumenismus (1993) und "Die ökumenische Dimension in der Ausbildung der Mitarbeiter im pastoralen Dienst" (1997). Obwohl diese Dokumente für das ökumenische Leben innerhalb der RKK bestimmt sind, geht ihre mögliche Wirkung weit über die Römisch-katholische Kirche hinaus. Sie sind Quellen der Inspiration für die ganze ökumenische Bewegung. Eine der wichtigsten Stellungnahmen zu dem CUV-Prozess kam vom Päpstlichen Rat für die Förderung der Einheit der Christen (PCPCU), die für die Römisch-katholische Kirche abgegeben worden ist. Diese Stellungnahme bekräftigt vor dem Hintergrund der Päpstlichen Enzyklika Ut Unum Sint die gemeinsame Grundlage der Ökumene, die sich auf die "eine ökumenische Bewegung" mit einer gemeinsamen Vision gründet, die versucht, die miteinander verknüpften Dimensionen des Glaubens, Lebens und Zeugnisses der Kirchen zusammenzuhalten, sowie mit einer gemeinsamen Berufung auf der Grundlage der - wenn auch unvollständigen - Realität der koinonia, die bereits zwischen den Kirchen besteht. In der Schlussbemerkung der Stellungnahme werden die Bedeutung des gemeinsamen Weges und die Ergebnisse einer anhaltenden Zusammenarbeit zwischen der RKK und dem ÖRK gewürdigt: "das ökumenische Verständnis und die Verpflichtung der RKK stimmt im allgemeinen mit den bestehenden Aussagen der ÖRK-Mitgliedskirchen überein, wie sie in der vorgeschlagenen Erklärung Unsere ökumenische Vision ihren Ausdruck finden."

41. Vor dem Hintergrund dieser positiven Entwicklungen und einer eindeutigen Verpflichtung zu einem konstruktiven Dialog stellt die Gemeinsame Arbeitsgruppe (JWG) ihren Siebenten Bericht vor, in dem sie Rechenschaft über die fruchtbaren Beziehungen zwischen der Römisch-katholischen Kirche und dem ÖRK ablegt. Seitdem ist über verschiedene Formen der Zusammenarbeit zwischen der Römisch-katholischen Kirche und dem ÖRK auch in der grösseren Perspektive der einen ökumenischen Bewegung berichtet worden. Die JWG hat ferner drei Studiendokumente zur weiteren Beratung vorgelegt, die vor allem für die derzeitige ökumenische Debatte von Bedeutung sind: a) Ökumenisches Lernen - ökumenische Überlegungen und Vorschläge, b) Die Herausforderung des Proselytismus und die Berufung zu gemeinsamem Zeugnis und c) Der ökumenische Dialog über ethisch-moralische Fragen: Potentielle Quellen des gemeinsamen Zeugnisses oder der Spaltung.

42. Unsere Zusammenarbeit mit der RKK über die JWG, die Kommission für Glauben und Kirchenverfassung, CWME und auf andere Weise hat sich in den letzten sieben Jahren erheblich intensiviert. Eine ganze Reihe von Problemen muss noch gründlicher und umfassender erörtert werden, beispielsweise Wesen, Aufgabe und Methoden des Dialogs, Wesen und Struktur der "Autorität" und der "Lehrautorität" in der Kirche, das Verhältnis zwischen der Kirche als "Ortsgemeinde" und der "universalen Kirche", die Bedeutung regionaler und nationaler ökumenischer Instrumente etc. Ich bin der festen Überzeugung, dass es jetzt, wo wir uns darauf vorbereiten, in eine besonders wichtige Phase im Leben des ÖRK einzutreten, in eine Phase, in der von den ökumenischen Partnern und nicht zuletzt von den orthodoxen Kirchen grundsätzliche Fragen gestellt werden, darauf ankommt, einerseits auf den Erfahrungen der vorangegangenen Diskussionen im Rahmen der JWG aufzubauen und andererseits zu versuchen, mit der Römisch-katholischen Kirche zusammen noch geeignetere Wege für die Vertiefung und Ausweitung des Rahmens der Zusammenarbeit zu finden.

Auf dem Weg zu finanzieller Stabilität

43. In den letzten sieben Jahren hat der Rat schwerwiegende finanzielle Umwälzungen durchgemacht. Die jüngsten Veränderungen des wirtschaftlichen Umfeldes - die Rezession in Europa, die Globalisierung und die Tendenzen für eine Liberalisierung der Märkte - haben die finanziellen Gegebenheiten, in denen der Rat heute seine Arbeit zu erfüllen hat, tiefgreifend beeinflusst. Es sind nicht nur einige unserer traditionellen Einkommensquellen geschrumpft, sondern die neuen Vorschriften, die den "gemeinnützigen" Organisationen auferlegt worden sind, eingeschränkte Möglichkeiten für die Kapitalbeschaffung und immer strengere Anforderungen an die Rechnungslegung haben zu schwierigeren Arbeitsbedingungen für den Rat und seinen Mitarbeiterstab beigetragen. Dem Rat ist von seinen traditionellen nord- und westeuropäischen Partnern unmissverständlich mitgeteilt worden, dass die Zuwendungen in der bisherigen Höhe künftig nicht aufrechterhalten werden können. Auf Grund dieser Lage und gestützt auf die Feststellungen unseres Finanzausschusses muss der Rat seine Bemühungen nunmehr auf zwei besondere Bereiche konzentrieren: zum einen muss er seine Investitionen und seine Einnahmen aus Immobilien erhöhen, um auf diese Weise die Abhängigkeit von den Beiträgen der traditionellen Partner zu verringern, die ähnlichen finanziellen Zwängen ausgesetzt sind wie der Rat. Zum anderen muss er seine Einkommensquellen geographisch erweitern und sich tatkräftig darum bemühen, seine Verbindung zu den langjährigen ökumenischen Partnern in Nordamerika wieder zu verstärken, und versuchen, von Kirchen und anderen Partnern im Fernen Osten und anderswo höhere Einnahmen zu erzielen. Drittens haben die Erfahrungen der jüngsten Zeit gelehrt, dass der Entscheidungszyklus des Rates verkürzt und die Ausgaben den jeweiligen Einnahmen angepasst werden müssen; das erfordert Veränderungen in der Art und Weise und in den Methoden der Finanzkontrolle.

44. Bei all diesen Bemühungen bleibt das Engagement der Mitgliedskirchen die Grundlage. Zzusätzlich zu den Beiträgen, die sich aus der Mitgliedschaft ergeben, werden die Mitgliedskirchen nachdrücklich aufgefordert, auch finanzielle Beiträge zur Programmarbeit des Rates zu leisten; wenn das nicht geschieht, ist der Rat nicht mehr in der Lage, die finanzielle Stabilität in nächster Zeit wiederherzustellen. Spirituelle, geistige und menschliche Ressourcen sind für den weiteren Weg der ökumenischen Bewegung zweifellos von wesentlicher Bedeutung. Ich denke aber, dass materielle Ressourcen ebenso wichtig sind und dass sie in weitem Masse den künftigen Kurs der Ökumene bestimmen. Dem finanziellen Aspekt unserer ökumenischen Arbeit muss sorgfältige Beachtung geschenkt werden. Wir können auf unserem ökumenischen Weg ohne Spender, die unsere Partner sind, die unsere Arbeit unterstützen, die mit uns zusammenarbeiten und uns bei der Schaffung einer Vision für die ökumenische Bewegung begleiten, nicht weiterkommen.


45. Ich habe Ihnen hier nur einige wenige Tupfer des umfangreichen und vielschichtigen Feldes der ökumenischen Arbeit des Rates vorgetragen. Es muss nicht gesagt werden, dass der gesamte Umfang der Arbeit, die in der Zeit von Canberra bis Harare geleistet worden ist, weit über das hinausgeht, was auf diesen wenigen Seiten dargestellt worden ist. Ich möchte diesen Teil meines Berichtes mit folgenden Bemerkungen schliessen:

1) Die Programme und Aktivitäten des Rates müssen im Zusammenhang mit den Hauptfunktionen gesehen werden, die in der Verfassung niedergelegt sind, nämlich mit den Zielen sichtbare Einheit, gemeinsames Zeugnis und Mission und Diakonie. Sie müssen auf die Bedürfnisse und Erwartungen der Kirchen eingehen. Der Rat hat seine Programmarbeit auf der Grundlage dieser Prinzipien umstrukturiert. Ausserdem hat er sich bemüht, die Verflechtung seiner Programmprioritäten stärker herauszustellen. Diese Bemühungen und diese Vision haben die Methodik und den Arbeitsstil des Rates verändert. Es bedarf aber noch weiterer Anstrengungen in dieser Richtung.

2) Das Bemühen um eine wechselseitige Verbindung hat den Rat veranlasst, nach grösserer Kohärenz in seiner Arbeit zu suchen. Das intensive Streben nach einem ganzheitlichen Ansatz hat fast alle Aspekte der Programmaktivitäten des Rates gekennzeichnet. Nach meinem Dafürhalten sind erhebliche Fortschritte erzielt und vielfältige Erfahrungen in dieser Hinsicht gesammelt worden. Es bleibt jedoch für die Zukunft noch viel zu tun.

3) Die Programme des Rates müssen zu Beziehungen und zu Mitwirkung führen; sonst werden sie zu blossen Aktivitäten. Ich denke, dass diese entscheidende Dimension der Arbeit des Rates nach Harare sorgfältiger beachtet werden muss. Der CUV-Prozess hat diesen Fragen eine zentrale Bedeutung beigemessen, indem er die aktive Mitwirkung der Kirchen und der nationalen und regionalen Räte an der Arbeit des Rates hervorhob.

46. Der ÖRK ist ohne die Kirchen nicht lebensfähig. Er muss wirksam auf die vorrangigen Bedürfnisse und auf die sich verändernden Bedingungen der Kirchen eingehen. Das wird stets eine grosse Aufgabe für den Rat sein. Deshalb sollte sich der ÖRK als in einem ständigen Prozess der Bewertung seines ökumenischen Zeugnisses befindlich verstehen, in dem er immer von neuem seine Prioritäten bestimmt, sich umstrukturiert und seine Vision als eine Gemeinschaft in Verbindung mit den örtlichen Kirchen neu definiert. Der CUV-Prozess ist konkreter Ausdruck seines Bemühens und seiner Verpflichtung. Mit diesem Verständnis und in dieser Perspektive möchte ich nun versuchen, auf die Implikationen des 50-jährigen Bestehens des ÖRK und der Erklärung der Menschenrechte für das Selbstverständnis und die Berufung des Rates an der Schwelle zu einem neuen Jahrtausend eingehen.

II

DER FÜNFZIGSTE JAHRESTAG DER GRÜNDUNG DES ÖRK:
Anlass zu selbstkritischer Prüfung und Neuverpflichtung

47. Vor fünfzig Jahren, als die Menschheit an einem entscheidenden Punkt in ihrer Geschichte stand, schloss eine Gruppe von Kirchen einen Bund miteinander, in dem sie sich verpflichteten, gemeinsam Zeugnis für die Einheit der Kirche abzulegen und um diese Einheit zu ringen. Sie erklärten:"Christus hat uns hier in Amsterdam zusammengeführt. Wir sind darin einig, dass wir Ihn als Gott und Heiland anerkennen. Wir sind voneinander getrennt, nicht nur in Fragen der Lehre, der Ordnung und der Überlieferung, sondern auch durch unseren sündigen Stolz: Nationalstolz, Klassenstolz, Rassenstolz. Aber Christus hat uns zu Seinem Eigentum gemacht, und in Ihm ist keine Zertrennung. Wo wir Ihn suchen, finden wir einander. Hier in Amsterdam haben wir uns von Ihm und damit voneinander aufs neue in Pflicht nehmen lassen, und deshalb haben wir diesen Ökumenischen Rat der Kirchen gebildet. Wir haben den festen Willen, beieinander zu bleiben."9

48. Fünfzig Jahre schon dauert unsere gemeinsame Reise auf dem ökumenischen Schiff. Wir haben viele Stürme durchgestanden. Wir haben Zeiten der "heißen" und der "kalten" Kriege erlebt. Konfrontation und Angst, Unsicherheit und Spannungen sind Teil unseres Zusammenseins geworden. Keine dieser Prüfungen war hart genug, um das ökumenische Schiff von seinem Kurs abzubringen. Wir sind gemeinsam vorwärts gekommen. Unsere Reise war begleitet von martyria. So viele Menschen, Männer und Frauen, Junge und Alte, haben ihr Leben für Ziele geopfert, die integraler Bestandteil der ökumenischen Vision geworden sind. Auf dieser ökumenischen Pilgerreise hat jede Generation ihre eigene Sprache gesprochen, ihre eigenen Meinungen dargelegt, ihre Anliegen vorgebracht, ihre Fragen gestellt und ihr eigenes Verständnis von der ökumenischen Vision formuliert.

49. Sind wir der Vision, die die Erste Vollversammlung des ÖRK in ihrer Botschaft zum Ausdruck gebracht hat, treu gewesen? Wenn wir zurückblicken, so haben wir sowohl viel Grund zur Freude als auch zur Reue. Das Jubiläum des Rates bietet einen Anlass zur Selbstprüfung. Was können wir im Geist der Rechenschaftspflicht und der Demut an diesem entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte des ÖRK sagen? Was vertrauen wir der nächsten Generation an? Dies ist eine Zeit des Rückblicks, des Rundblicks und des Ausblicks - eine Zeit der selbstkritischen Prüfung. Lassen Sie mich in diesem Sinne kurz auf einige Punkte eingehen:

a) Der Rat hat den Kirchen den Rahmen und die Gelegenheit geboten, ihre nationalen, ethnischen, kulturellen, theologischen und politischen Spaltungen zu überwinden und dem Geist der Zusammengehörigkeit konkreten Ausdruck zu verleihen. Misstrauen, Entfremdung und mangelndes Verständnis wurden ersetzt durch Annäherung, gegenseitiges Vertrauen und besseres Verständnis.

b) Der ÖRK wurde zu einer Gemeinschaft, in der die Kirchen sich im Geist der gegenseitigen Verantwortung und Rechenschaftspflicht unterstützten, herausforderten und korrigierten. Innerhalb dieser Gemeinschaft erfuhren die Kirchen, dass sie untrennbar miteinander verbunden sind, sie brachten ihre jeweilige eigene Identität zum Ausdruck und entdeckten die zwischen ihnen bestehenden Unterschiede, wobei sie jedoch unerschütterlich an der ökumenischen Vision festhielten.

c) Der Rat wurde zu einer Gemeinschaft von Kirchen, in der die Mitgliedskirchen gemeinsam nachdachten und handelten, beteten und ihre geistlichen und materiellen Ressourcen miteinander teilten. Konzepte und Methoden des "Gebens" und des "Nehmens", die die frühen Jahre des ÖRK beherrschten, konnten mit dem ständigen Wachsen des ökumenischen Geistes und der Ausweitung der ökumenischen Gemeinschaft in wirkliche Partnerschaft umgewandelt werden. Der Rat forderte die Kirchen heraus, zusammenzuarbeiten und zusammenzuwachsen, um auf dem Weg zur vollen und sichtbaren Einheit voranzukommen.

50. Und jetzt die entscheidende Frage: wohin gehen wir von hier aus? Der ÖRK ist ein Werkzeug, er ist nicht das Ziel selbst. Er hilft den Kirchen bei ihrer gemeinsamen Aufgabe, der Welt das Evangelium zu bringen, und bei ihrer gemeinsamen Berufung, dem Gebot Jesu Christi zu gehorchen und zusammenzuwachsen. Seit seiner Gründung hat der ÖRK sich selbst als "ein Rat von Kirchen, und nicht als Rat der einen ungeteilten Kirche", als "Notlösung", "eine Strecke auf dem Wege"10 definiert. Und das bleibt so. Die ökumenische Pilgerreise geht weiter mit all ihren Fortschritten und Rückschlägen, Erfolgen und Fehlern. Sie geht weiter mit neuem Glauben, neuer Hoffnung und Vision. Sie ist unwiderruflich und unumkehrbar. Sie kann sich nicht den Risiken von Sackgassen und unbekannten Reisezielen aussetzen. Ihr Leben und ihr Zeugnis werden von der ökumenischen Vision bestimmt und gelenkt. Es ist daher lebenswichtig, dass wir "unterwegs" an jedem Wegweiser anhalten, um den richtigen Weg zu finden, auf dem wir sicher weitergehen können.

1) GEMEINSAMES VERSTÄNDNIS UND GEMEINSAME VISION VOM ÖKUMENISCHEN RAT DER KIRCHEN (CUV):
Ein Prozess der Neudefinition und der Neuorientierung der ökumenischen Vision
51. 1948, als der ÖRK gegründet wurde, war die Welt entsetzlicher Unsicherheit und tiefen Ängsten ausgesetzt. 1998 sieht die Lage nicht besser aus. Ungeheure Veränderungen und Umwälzungen, die in fast allen Bereichen der menschlichen Gesellschaft stattgefunden haben, wirken sich auf innerkirchliche und zwischenkirchliche Beziehungen, auf die Beziehungen zwischen Kirche und Welt und auf Leben und Zeugnis des Rates aus. Der ÖRK war immer mit Krisen konfrontiert. Die gegenwärtige Krise ist, ich möchte sagen, eine Krise des Wachstums, die den Rat herausfordert, nach vorne zu schauen und vorwärts zu gehen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird der Rat jedoch ernsthafter als je zuvor in Frage gestellt. Haben wir nach fünfzig Jahren des Zusammenseins immer noch die Absicht, beieinander zu bleiben, wie wir in Amsterdam erklärt haben, und gemeinsam vorwärts zu gehen, wie wir in Evanston bestätigten ? Wir haben mit dieser brennenden Frage auf dem ganzen Weg von Canberra nach Harare gerungen. Herausgefordert von den Mitgliedskirchen und den sich verändernden Realitäten in der Welt haben wir einen kritischen Selbstprüfungsprozess in Gang gesetzt, in dem wir versuchen zu verstehen, wer wir als Rat der Kirchen sind. Was ist unsere besondere Natur, unsere wahre Berufung? Welche gemeinsame ökumenische Vision sollte uns leiten? Ziel des CUV-Prozesses war es, diese wichtigen Fragen gemeinsam mit den Mitgliedskirchen und ökumenischen Partnern aufzugreifen.

52. Das CUV wird eine zentrale Rolle auf der Tagesordnung dieser Vollversammlung spielen. Es ist wichtig, dass wir den CUV-Prozess in der richtigen Perspektive sehen und die neuen Entwicklungen, Anliegen und Realitäten sowie die sich verändernden ökumenischen Paradigmen im Leben der Kirchen im allgemeinen und der ökumenischen Bewegung im besonderen ernsthaft prüfen. An dieser Stelle möchte ich einige Beobachtungen anführen:

a) Die institutionalisierte Ökumene befindet sich in einer Krise. Wir sind Zeugen einer bemerkenswerten ökumenischen Begeisterung der Menschen an der Basis, die in verschiedenen Teilen der Welt verschiedene Formen annimmt. Ein Großteil unserer Mitgliedschaft ist desillusioniert von den institutionellen Ausdrucksformen der ökumenischen Bewegung. Die Menschen, insbesondere Jugendliche, wollen nicht Gefangene von Strukturen werden. Sie wollen über etablierte Systeme, Arbeitsmethoden, Verfahrensweisen und Tagesordnungen hinausgehen. Sie brauchen frische Luft zum Atmen, mehr Raum zum Leben und zur Entfaltung ihrer ökumenischen Anliegen und Überzeugungen. Sie schaffen neue Rahmenbedingungen und Gelegenheiten, zur Begegnung. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Zukunft der ökumenischen Bewegung in den Händen engagierter junger Menschen, die von einer Vision beseelt sind, und nicht in Strukturen und Programmen liegt. Wenn es den Kirchen nicht gelingt, sich die ökumenische Bewegung neu zu eigen zu machen und ihre Vision in aller Klarheit so zum Ausdruck zu bringen, dass sie für das Leben der Menschen wichtig wird, könnte die ökumenische Bewegung ihre Lebendigkeit und ihr Zielbewusstsein verlieren.

b) Die ökumenischen Prioritäten haben sich verändert. In der Aufbauphase beschäftigte sich der Rat hauptsächlich mit theologischen und lehrmäßigen Fragen. Nach Uppsala wurden besonders Anliegen betont, die sich aus den sozialen, wirtschaftlichen und politischen Problemen des menschlichen Lebens ergaben. Eine realistische Einschätzung der gegenwärtigen Notlage, in der sich die ökumenische Bewegung befindet, lässt zwei grundlegende Tatsachen erkennen: erstens können Fragen im Zusammenhang mit der Einheit und gesellschaftliche Fragen nicht länger getrennt behandelt werden; sie müssen in ihrer dynamischen und untrennbaren Wechselbeziehung gesehen werden. Wir haben diese Einsicht im letzten Jahrzehnt gewonnen und sollten auch in Zukunft darauf aufbauen. Zweitens ist es höchst wahrscheinlich, dass ethisch-moralische Fragen in der ökumenischen Diskussion der kommenden Jahre wachsende Bedeutung erlangen werden. Die Kirchen müssen sich darauf einstellen und Methoden entwickeln, wie sie diese Anliegen realistisch, seelsorgerlich und in ökumenischem Geist angehen können, wobei sie ihre kulturell geprägten ethischen Überzeugungen gegenseitig respektieren müssen.

c) Wir sind mit einer neuen Situation der Kirchen konfrontiert. In vielen Regionen und Konfessionsfamilien schrumpfen die Mitgliederzahlen der institutionalisierten Kirchen und ihre Einflussnahme auf die Gesellschaft. Die Menschen kehren der Institution Kirche den Rücken, weil sie glauben, dass diese Kirchen nicht in der Lage sind, angemessen auf die neuen Realitäten zu reagieren. In Afrika und Asien sowie unter den Urvölkern entdecken die Christen ihren christlichen Glauben neu innerhalb ihrer eigenen Kultur. In Osteuropa und den Ländern der ehemaligen UdSSR versuchen die Kirchen nach dem Untergang des Kommunismus und der Gewährung der Religionsfreiheit, sich auf die neue Situation einzustellen. Darüber hinaus entstehen in verschiedenen Teilen der Welt neue Arten christlicher Gemeinschaften und Bewegungen und neue Formen religiösen Lebens, die eine Herausforderung für die traditionellen Kirchen, Strukturen und Theologien darstellen. Aufgrund vieler externer und interner religiöser und nichtreligiöser Faktoren kommt es in vielen Kirchen zu Spaltungen und Spannungen. In einigen Regionen sind die Beziehungen zwischen Kirche und Staat an einem kritischen Punkt angelangt, da die Kirchen es immer mehr leid sind, sich vom Staat bevormunden zu lassen. All diese Faktoren werden mit Sicherheit dazu führen, dass die Kirchen ihre Rolle in der Gesellschaft neu überdenken und einschätzen werden.

d) Die zunehmende Globalisierung hat tiefgreifende Auswirkungen auf die ökumenische Bewegung und die Theologie, Spiritualität und Mission der Kirchen. Sie zwingt ganzen Völkern und Nationen neue Strukturen, Werte und zwischenmenschliche Beziehungen auf, harmonisiert einerseits und spaltet andererseits. Der Kontext, in dem die Kirchen berufen sind, Zeugnis abzulegen, ist zunehmend multikulturell und multireligiös geprägt. Darüber hinaus wird die ökumenische Bewegung aus vielen Gründen immer polyzentrischer, vielseitiger und mehrdimensionaler. Sie findet Ausdruck in neuen Formen und Varianten. All diese Realitäten werden ungeheure Auswirkungen auf das Selbstverständnis und missionarische Engagement der Kirchen haben und von den Kirchen verlangen, dass sie ihre Prioritäten deutlicher formulieren und neue missionarische Normen und Strategien entwickeln.

53. Die ökumenische Bewegung kann nicht für sich beanspruchen, dass sie Antworten auf all diese Fragen oder Lösungen für all diese Probleme hat. Sie muss ihre Schwächen eingestehen, ihre Möglichkeiten ausschöpfen, aber sich auch ihrer Grenzen bewusst sein. Mehr als je zuvor ist die ökumenische Bewegung jetzt genau der richtige Kontext, in dem die Kirchen aufgefordert sind, im gemeinsamen Gebet, Zeugnis und Dienst und in ihrem Engagement für die sichtbare Einheit gemeinsam auf diese neuen Anliegen und Realitäten zu reagieren. Kontext und Verständnis von Ökumene verändern sich genau wie Natur und Inhalt der ökumenischen Vision selbst. Deshalb braucht die ökumenische Bewegung an der Schwelle zum neuen Jahrtausend ein neues Selbstverständnis, eine neue Selbstdarstellung und klare Vorstellungen über die zukünftige Ausrichtung. Ich glaube, dass der gegenwärtige kritische Moment in der Geschichte der ökumenischen Bewegung uns auch neue Möglichkeiten und Herausforderungen bietet, und genau so sollte der ÖRK darauf reagieren.

54. Der CUV-Prozess wurde vor diesem Hintergrund in Gang gesetzt. Er sollte daher nicht als Prozess verstanden werden, der lediglich auf interne Struktur- und Programmänderungen abzielt. Vielmehr stellt er den ernsthaften und integrierten Versuch dar, (1) einer ökumenischen Vision, die dem Evangelium treu ist und auf die gegenwärtigen Realitäten eingeht, neuen Ausdruck zu verleihen; (2) die absolute Dringlichkeit der Verwirklichung sichtbarer Einheit als Hauptziel der ökumenischen Bewegung neu zu betonen; (3) die entscheidende Bedeutung von Einheit, Mission, diakonia und Gerechtigkeit als Basis jeglicher Neuformulierung der ökumenischen Vision hervorzuheben; (4) die Kohärenz und Ganzheitlichkeit, die der ökumenischen Vision eigen ist, in der zwischenkirchlichen Zusammenarbeit, in den Beziehungen zwischen Rat und Mitgliedskirchen und in den Programmen und der Tagesordnung des Rates deutlich zu machen; und (5) die Mitgliedskirchen zur aktiven und verantwortlichen Mitwirkung in allen Bereichen des Lebens des ÖRK zu ermutigen. Mit anderen Worten, das CUV hält uns vor Augen, dass der Rat stärker in den Kirchen verwurzelt sein und von ihnen geleitet werden muss und dass er gleichzeitig eine umfassendere ökumenische Partnerschaft auf allen Ebenen der Kirche und in allen Bereichen unserer ökumenischen Gemeinschaft fördern muss. Es hilft uns auch, die ökumenische Vision und die Programmschwerpunkte des Rates in einer breiteren Perspektive und als integriertes Ganzes zu sehen.

2) Verantwortlich zusammenwachsen: die große Herausforderung der Zukunft
55. Der ÖRK ist nicht eine Organisation, die sich auf sich selbst verlässt, in sich abgeschlossen ist und sich selbst genügt. Es sind die Kirchen in ihrer Zusammengehörigkeit, die den Rat ausmachen. Daher hat der Rat nicht das Recht, auf seinem Selbstverständnis und seiner Tagesordnung zu bestehen. Die Kirchen sollten sagen, was er ist, was er werden sollte und was er tun sollte. Das CUV war keine interne Angelegenheit. Es war eine Initiative der Kirchen. Mitgliedskirchen, die römisch-katholische Kirche und ökumenische Partner haben aktiv an dem Prozess teilgenommen. Darüber hinaus war das CUV als fortlaufender Prozess, und nicht als zeitlich und inhaltlich auf einige konkrete Bereiche des Lebens und der Arbeit des Rates begrenzter Versuch geplant. Das CUV muss als Beginn neuer, umfassender und ernsthafter Bemühungen verstanden werden, die das Ziel verfolgen, die Kirchen herauszufordern, sich gemeinsam auf die schwierige Reise zu begeben, ihre gemeinsame ökumenische Vision zu hinterfragen und neu zu formulieren.

56. Im Rahmen des CUV-Prozesses haben die Kirchen und auch die römisch-katholische Kirche erneut mit Nachdruck die Bedeutung des ÖRK betont. Einige Kirchen sind jedoch nicht ganz zufrieden mit den im CUV vorgeschlagenen Veränderungen. Sie wollen darüber hinausgehen. Andere möchten den Rat zurück auf den richtigen Weg bringen, da er sich ihres Erachtens von seiner zentralen Berufung entfernt. Jüngste Entwicklungen in den Beziehungen zwischen dem ÖRK und den orthodoxen Kirchen sollten vor diesem Hintergrund gesehen werden. Jeder Versuch, die in diesen Beziehungen vorherrschende Missstimmung objektiv zu analysieren, muss deren Entwicklung seit der Gründung des Rates und die besondere Situation, die im Leben der orthodoxen Kirchen nach dem Zusammenbruch des Kommunismus entstanden ist, berücksichtigen. Weder die mir hier zur Verfügung stehende Zeit noch die Art meines Berichts erlauben es mir, an dieser Stelle im einzelnen auf diese Probleme einzugehen. Ich erlaube mir jedoch, einige kurze Beobachtungen dazu zu machen:

a) Die orthodoxen Kirchen haben beim Aufbau und weiteren Ausbau des ÖRK eine wichtige Rolle gespielt. Sie haben bedeutsame Beiträge zum ökumenischen Denken und zur ökumenischen Spiritualität geleistet; aber sie haben sich nicht voll in das gesamte Leben und Zeugnis des Rates integriert. Dieses Verhalten, das zu einem dauerhaften Merkmal in den Beziehungen zwischen den orthodoxen Kirchen und dem ÖRK geworden ist, kann auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden: (1) auf bestimmte Tendenzen und Praktiken im ÖRK, die mit der orthodoxen Tradition nicht vereinbar sind; (2) auf die Minderheitsposition der orthodoxen Kirchen im ÖRK, die sich klar in der Zusammensetzung der Leitungsorgane und in den Entscheidungsprozessen widerspiegelt; und (3) auf ethische Positionen und die Tagesordnung des Rates, die trotz der orthodoxen Präsenz und Beteiligung von Kirchen aus verschiedenen Regionen protestantisch und westlich geblieben sind. Diese Faktoren und Probleme haben eine Distanz zwischen den orthodoxen Kirchen und dem Rat geschaffen. In den sog. "Erklärungen der orthodoxen Kirchen", die zu wichtigen Tagesordnungspunkten oder aus bestimmten Anlässen vorgelegt wurden, kamen sowohl die Unzufriedenheit als auch die Desiderata der Orthodoxen zum Ausdruck. Die Einzigartigkeit der orthodoxen Theologie und Spiritualität ist zwar respektiert worden. Aber es ist zu wenig getan worden, um sie in kreative Interaktion mit der protestantischen Theologie zu bringen, die auch weiterhin die theologische Sprache, das theologische Denken und die Arbeitsmethoden im Rat beherrscht.

b) Der Zusammenbruch des Kommunismus und die Wiederentstehung unabhängiger Staaten haben der Beteiligung der Orthodoxen in der ökumenischen Bewegung eine kritische Dimension hinzugefügt. Denn das Einströmen von Sekten und neuen religiösen Bewegungen nach Osteuropa und in die Länder der ehemaligen UdSSR, die zunehmenden Anstrengungen, Integrität und Identität der orthodoxen Tradition zu bekräftigen, das Bemühen der Kirche, ihren wahren Platz und ihre wahre Rolle in der Gesellschaft zu finden einerseits, und andererseits die Tatsache, dass einige der Programmbereiche des Rates umstritten sind und von den Orthodoxen als irrelevant für das Leben ihrer Kirchen empfunden werden, haben die Kluft zwischen den orthodoxen Kirchen und der ökumenischen Bewegung vergrößert. Die Orthodoxen sehen den Rat mittlerweile als eine westliche, protestantische und liberale Bewegung an, in der sie versucht haben, die orthodoxe Tradition durch die Rückbesinnung auf ihre wahren Wurzeln zu bekräftigen.

57. Der ÖRK erkannte rechtzeitig die zunehmende Unzufriedenheit und anti-ökumenische Stimmung unter den Orthodoxen und ergriff eine Reihe konkreter Maßnahmen: die Umstrukturierung des Rates (1991), die Einrichtung eines Sonderprogramms für christlichen Religionsunterricht in Ost- und Mitteleuropa und den Ländern der ehemaligen UdSSR (1991), die Konsultation über Uniatismus (1992), die Erklärung des Zentralausschusses zum Proselytismus (1993), usw.. Diese Initiativen des Rates bewirkten jedoch keine grugenden Veränderungen in den Beziehungen zwischen dem ÖRK und den orthodoxen Kirchen. Tatsache ist, dass die fundamentalen Fragen, die die Orthodoxen aufgeworfen haben, die tieferen Schichten des Lebens des ÖRK berühren. So haben die orthodoxen Kirchen ernsthafte Zweifel geäußert, dass es dem Rat gelingen werde, die Hauptursachen ihrer Unzufriedenheit zu beseitigen, und sie forderten eine "radikale Umstrukturierung" des ÖRK. Die leitenden Amtsträger und Amtsträgerinnen des Rates reagierten unverzüglich auf die Erklärung von Thessaloniki, die die östlich-orthodoxen Mitgliedskirchen des ÖRK im April 1998 veröffentlichten, indem sie sowohl die östlich-orthodoxen als auch die orientalisch-orthodoxen Mitgliedskirchen zu einer Tagung der "Gemischten theologischen Kommission" einluden, die in der Erklärung für die Zeit vor der Vollversammlung vorgeschlagen worden war. Die orthodoxen Kirchen waren jedoch der Meinung, dass sie mehr Zeit für die Vorbereitung benötigten.

58. Ich kann die orthodoxen Anliegen und Forderungen an dieser Stelle nicht im einzelnen aufzählen, möchte sie inhaltlich jedoch in zwei Punkten zusammenfassen: Erstens sollte der Rat neue Formen der Vertretung, der Beteiligung und der Entscheidungsfindung anstreben, die die orthodoxen Kirchen aus ihrer Minderheitsposition herausholen und es ihnen ermöglichen würden, eine aktivere Rolle in allen Bereichen des ÖRK zu spielen. Zweitens muss der Rat bei der Gestaltung seines Programms, der Ausarbeitung seiner Tagesordnung und bei verfassungsmäßigen und strukturellen Aspekten Mittel und Wege finden, die Überzeugungen und Sensibilitäten, die Traditionen und Erwartungen aller Mitgliedskirchen zu berücksichtigen.

59. Ich möchte betonen, dass es zwar keine Krise in den Beziehungen zwischen ÖRK und orthodoxen Kirchen gibt, dass die Lage aber kritisch ist. Wenn die Vollversammlung die gegenwärtige Situation nicht ernst nimmt, befürchte ich, dass die Beteiligung der Orthodoxen kontinuierlich schrumpfen wird. Ich habe die inständige Hoffnung, dass die leitenden Amtsträger und Amtsträgerinnen des Rates und die Vertreter und Vertreterinnen aller orthodoxen Kirchen im Anschluss an die Vollversammlung ernsthaft einen umfassenden Prozess in die Wege leiten, in dem sie sich gemeinsam und intensiv mit all diesen Fragen und Anliegen auseinandersetzen, die einer organisierteren und wirksameren Beteiligung der Orthodoxen im Rat im Wege stehen. Meines Erachtens müssen die Orthodoxen mit einer klaren Tagesordnung und einer offenen Haltung in diesen Prozess eintreten. Die Kirchen der protestantischen und anglikanischen Traditionen müssen den Orthodoxen ihrerseits helfen, sich voll in das Leben des Rates zu integrieren, indem sie genügend Raum und Möglichkeiten für eine umfassendere orthodoxe Beteiligung schaffen. Es ist an der Zeit, dass die orthodoxen Kirchen vom Monolog zum Dialog, von der Reaktion zur Aktion, von bloßen Beiträgen zur Beteiligung, vom Beobachterstatus zur vollen Partnerschaft im ÖRK übergehen.

60. In Amsterdam erklärten die ökumenischen Pioniere:"Es ist nicht immer leicht, unsere konfessionelle Bindung und unsere ökumenische Verpflichtung miteinander auszugleichen. Wir können auch aus der Begegnung der alteingesessenen christlichen Traditionen mit den kraftvollen, wachsenden Kirchen, deren eigene Traditionen erst noch geformt werden, grossen Gewinn haben. Wir bringen diese und alle anderen Schwierigkeiten die zwischen uns bestehen, in den ÖRK ein, damit wir ihnen gemeinsam in Besonnenheit begegnen."11 Meinungsunterschiede, Widersprüche, Spannungen und sogar Konflikte werden immer Teil dieser weltweiten Gemeinschaft mit ihren vielfältigen kirchlichen Traditionen, theologischen Lehren, kulturell geprägten ethischen Überzeugungen, nationalen und ethnischen Identitäten sein. Das ist es, was wir in den fünfzig Jahren unseres Zusammenseins gelernt haben. Wir müssen unsere Verschiedenheit sowohl positiv hervorheben, als auch den Preis dafür bezahlen.

61. Die Unzufriedenheit der Orthodoxen muss vor dem Hintergrund ihrer Verpflichtung auf die ökumenische Bewegung gesehen werden. Kritik am ÖRK zu üben, heißt nicht, anti-ökumenisch zu sein. Bei dem Problem, das die Orthodoxen mit dem Rat haben, geht es nicht um die Bedeutung und Glaubwürdigkeit der ökumenischen Bewegung, sondern um die Relevanz ihrer Tagesordnung, ihrer Sprache, ihrer Methoden und Verfahrensweisen. Einige unserer orthodoxen Mitgliedskirchen sind auf dieser Vollversammlung nicht unter uns. Andere sind nicht so unter uns, wie sie es bisher waren. Ich bin sicher, dass wir alle erkennen, dass es ein Problem gibt und dass es sich dabei nicht um ein orthodoxes Problem, sondern im wesentlichen um ein ökumenisches Problem handelt. Ich glaube, dass wir auf unserer gemeinsamen ökumenischen Reise genug an Reife gewonnen haben, um unsere Probleme und Anliegen in einer breiteren Perspektive und in ihrer Wechselbeziehung zu sehen. Die gegenwärtige Situation muss uns helfen, mehr voneinander zu erfahren und uns gegenseitig zu vertrauen. Ich glaube, dass unsere Gemeinschaft im ÖRK nicht länger auf Beziehungen basieren darf, in denen Mehrheiten über Minderheiten bestimmen. Wenn dieser Situation nicht Abhilfe geschaffen wird, werden die Orthodoxen sich immer bedroht und marginalisiert fühlen. Ich glaube auch, dass wir uns nicht gegenseitig unsere Überzeugungen und Tagesordnungen aufzwingen dürfen. Wir sollten auch nicht die zwischen uns bestehenden angespannten Beziehungen zum Thema machen, wenn wir eigentlich Position zu Themen beziehen wollen, die für uns von ausschlaggebender Bedeutung sind. Der Rat sollte einen offenen Raum bieten, in dem die Kirchen sich kreativ, in gegenseitigem Respekt, vertrauensvoll und verantwortlich auseinandersetzen können.

62. Die ökumenische Bewegung, die sich in einer Welt, die schnellem Wandel unterworfen ist, an einer Wegkreuzung befindet, kann auseinanderfallen, wenn die Kirchen sich den ökumenischen Zielen und der ökumenischen Vision nicht mit Entschlossenheit neu verpflichten. Die Kirchen können es sich nicht länger leisten, sich in ihre eigene Konfession zu flüchten und ein isoliertes Leben zu leben. Sie müssen mit anderen zusammenleben; andernfalls können sie nicht sinnvoll leben. Sie müssen zusammen handeln; andernfalls können sie nicht angemessen handeln. Sie müssen ihre Erfahrungen und Ressourcen miteinander teilen; andernfalls können sie nicht wachsen. Erklärungen zu gemeinsamen Lehraussagen werden den Kirchen nicht die volle und sichtbare Einheit bringen oder ihr Zeugnis glaubwürdig machen; sie werden ihnen lediglich "auf dem Weg dorthin" helfen. Der ökumenische Imperativ fordert von den Kirchen, dass sie verantwortlich zusammenwachsen. Und dieses Zusammenwachsen ist ein Prozess, der seinen Preis fordert. Er setzt Umkehr, Erneuerung und Verwandlung voraus. Ökumene ist nicht mehr eine Dimension, eine Funktion der Kirche. Sie ist ein wesentliches Merkmal des Kircheseins, weil sie das Einssein der Kirche bekräftigt und in seinem Dienst steht. Ökumene ist nicht mehr eine Möglichkeit unter anderen, sondern der Weg, auf dem wir dem Ruf Gottes folgen. Daher bedeutet Kirchesein, ökumenisch zu sein, d.h. die ökumenische Reise gemeinsam zu machen. Das Zeichen des ökumenischen Schiffs ist das Kreuz. Wir sind berufen, unter dem Kreuz Christi eins zu sein. Diese Jubiläumsvollversammlung ruft uns auf, unsere gemeinsame ökumenische Verpflichtung, zusammenzuwachsen und voller Mut und Demut und mit einer klaren Vision gemeinsam vorwärts zu gehen, neu zu bekräftigen.

MENSCHENRECHTE: EIN WACHSENDES ÖKUMENISCHES ANLIEGEN

63. Diese Vollversammlung ruft uns ebenfalls auf, unser Engagement für Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung zu überdenken und neu zu definieren. Tatsächlich sind und bleiben die Menschenrechte ein zentraler Faktor in jedem Prozess oder Versuch, der darauf abzielt, Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung herbeizuführen. Die Menschenrechte sind integraler Bestandteil des ökumenischen Zeugnisses. Und ist es nicht ein bedeutsames Ereignis, dass wir auf dieser Vollversammlung im Rahmen des 50. Jubiläums unseres gemeinsamen ökumenischen Zeugnisses durch den ÖRK gleichzeitig 50 Jahre gemeinsamen ökumenischen Engagements für die Menschenrechte feiern.

64. Am 10. Dezember 1948 bekräftigten die Vereinten Nationen mit der Annahme der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte formell, dass "die Anerkennung der allen Mitgliedern der menschlichen Familie innewohnenden Würde und ihrer gleichen und unveräußerlichen Rechte die Grundlage der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens in der Welt bildet."12 In den letzten 50 Jahren hat die UNO versucht, diese epochemachende Erklärung zu verwirklichen, indem sie internationale Übereinkommen zu einer Reihe spezifischer Menschenrechtsanliegen verabschiedet hat. Die Erklärung der Menschenrechte konnte jedoch nicht verhindern, dass Millionen von Menschen Opfer unmenschlicher Praktiken geworden sind: Folter, Hinrichtungen, Barbarei, Unterdrückung und Völkermord. Männer und Frauen in der ganzen Welt haben große Opfer gebracht, sind Märtyrer geworden, um die Menschenrechte zu fördern und zu schützen. Zwar hat die UNO sich eindringlich für die Achtung der Menschrechte und die friedliche Beilegung von Konflikten ausgesprochen, aber angesichts der Menschenrechtsverletzungen hat sie sich als machtlos erwiesen. Viele Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen sind durch einseitige Maßnahmen einfach übersehen oder übergangen worden. 50 Jahre nach Verabschiedung der Erklärung sind nach wie vor die Schreie der Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu hören. Das Ende des Kalten Krieges hat die bipolare Konfrontation beendet, aber nicht den Beginn einer "neuen Weltordnung", die auf Frieden in Gerechtigkeit aufbauen würde, eingeläutet. Einmal mehr hat die UNO Schwierigkeiten, ihre Verpflichtung als friedenschaffendes und friedenerhaltendes Instrument zu erfüllen. Während die Großmächte von Zeit zu Zeit durch militärische Bedrohung und Interventionen einen zerbrechlichen Frieden geschaffen haben, halten in vielen Regionen Unsicherheit, Aufruhr und Instabilität an, und gravierende Menschenrechtsverletzungen sind weiterhin an der Tagesordnung. Zusätzlich zu diesen sich ausweitenden Problemen gibt es im Bereich der Menschenrechte drei große Herausforderungen:

a) Die Auswirkungen der Globalisierung auf die Lage der Menschenrechte sind weitreichend. Die Globalisierung hat die bestehenden politischen, sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen in großem Umfang verändert und zu einem radikalen Wandel der Werte und gesellschaftlichen Strukturen geführt. Der Prozess der Globalisierung, der fast alle Aspekte und Bereiche des menschlichen Lebens durchdrungen hat, eröffnet unendlich viele Möglichkeiten; gleichzeitig schafft er neue Formen sozio-ökonomischer Ungerechtigkeit und Unsicherheit. Transnationale Organisationen und internationale Finanzinstitutionen schließen die Menschen von der Beteiligung am Wirtschaftsleben aus und beschleunigen Arbeitslosigkeit, Entwurzelung und Marginalisierung. Afrika, der Kontinent, auf dem unsere Vollversammlung stattfindet, führt uns in existentieller Weise einige der kritischen Probleme vor Augen, mit denen wir es zu tun haben. Krieg, Gewalt, Armut, entwurzelte Menschen, Völkermord, Umweltkatastrophen und andere Auswirkungen der Globalisierung sind ein wesentlicher Bestandteil des täglichen Lebens der Menschen in Afrika.

b) Religionsfreiheit, die zu den grundlegenden Menschenrechten gehört, hat sich in der Zeit nach dem Kalten Krieg wieder zu einem ernstzunehmenden Problem in den innerstaatlichen und internationalen Beziehungen entwickelt. In einer Reihe von Ländern wird die Religion für enge nationalistische Zwecke missbraucht und ruft so Spaltungen und Polarisierungen hervor. In einigen Ländern sind der Religion verfassungsmäßige Macht und Privilegien übertragen worden, wodurch die säkularen und pluralistischen Grundlagen dieser Staaten zerstört worden sind. Religiöse Intoleranz und Einschränkungen, Fundamentalismus und Ausschließlichkeit kennzeichnen das Leben vieler Gesellschaften. Auf der anderen Seite haben die agressiven Methoden, die religiöse Bewegungen aus dem Ausland bei ihren proselytistischen Aktivitäten anwenden, eine weitere komplexe Situation im Blick auf die Menschenrechte geschaffen.

c) Das Wiederaufleben des Ethno-Nationalismus hat die Frage nach dem Recht der Menschen auf Selbstbestimmung komplizierter gemacht. Positiv gesehen entspricht das Wiederauftauchen des Ethno-Nationalismus dem Streben nach Gerechtigkeit und Selbstachtung. Die Menschen suchen Sicherheit innerhalb ihrer eigenen ethnischen, religiösen und nationalen Gruppen. Insofern ist der Nationalismus eine kreative Kraft, die Achtung vor der Identität des Menschen und vor dem Prozess der Staatswerdung fordert. Aber wenn er sich zu einer Ideologie entwickelt, kann er eine Quelle des Übels werden, ein grundlegendes Hindernis für ein Zusammenleben in Gerechtigkeit und Frieden. Ethnische Konflikte stellen eine Bedrohung für die Toleranz unter den Religionen dar. Sie zerstören pluralistische Gesellschaften bis in ihre Grundlagen und lassen Situationen entstehen, in denen die Menschenrechte verletzt werden. De facto hat der Ethno-Nationalismus im letzten Jahrzehnt zur Zerspaltung von Gesellschaften, zu innerstaatlichen Konflikten, ethnischen Säuberungen und Migration geführt und die Menschenrechte schwer in Mitleidenschaft gezogen.

65. Die Frage der Menschenrechte bleibt ein ständiger Punkt auf der Tagesordnung des Rates, der höchste Priorität genießt, und ist integraler Bestandteil der ureigenen Berufung der Kirche. Das Engagement des ÖRK für die Menschenrechte schließt die Verurteilung von Menschenrechtsverletzungen, die Überwachung des Respekts und der Durchsetzung von Menschenrechten, die Unterstützung von Kirchen und Gruppen in ihrem Kampf für die Menschenrechte und die Förderung der in den Menschenrechten zum Ausdruck kommenden Werte durch Aufklärung und Information ein.

66. Ich glaube, dass der Rat angesichts der revolutionären Veränderungen, die die politische, soziale und wirtschaftliche Ordnung destabilisiert haben, und unter Berücksichtigung der ökumenischen Erfahrungen, die wir in diesen fünfzig Jahren im Ringen um die Menschenrechte gemacht haben, erstens der Frage der Globalisierung, der Religionsfreiheit und des Ethno-Nationalismus und ihrer Auswirkungen auf die Lage der Menschenrechte in seinen Programmen größere Aufmerksamkeit schenken muss; zweitens muss der Rat meines Erachtens bei der Einführung eines neuen ökumenischen Ansatzes und einer Strategie im Blick auf die Menschenrechte die ökumenische sozialethische Reflexion vertiefen und eine Strategie zur Förderung und Verteidigung der den Menschenrechten zugrunde liegenden Werte entwickeln, die auf Vorbeugung und rechtlichen Maßnahmen im Falle ihrer Verletzung aufbaut. Damit würde er die Basis für eine neue globale Ethik schaffen, die in Zusammenarbeit mit anderen Religionen entwickelt werden müsste.

Diese Vollversammlung wird die Aufgabe haben, eine aktualisierte ökumenische Menschenrechtspolitik zu verabschieden. Lassen Sie mich Ihnen dazu einige Erkenntnisse und Perspektiven aufzeigen.

1) Vorbeugung und Strafmaßnahmen
67. Angesichts der gegenwärtigen ethnischen Konflikte und zunehmenden Menschenrechtsverletzungen bleiben Vorbeugung und friedliche Konfliktlösung dringende internationale Prioritäten. Es gibt zur Zeit keine internationalen Mechanismen, die die Menschenrechte garantieren, sichern und schützen und Verfahren zur Konfliktvorbeugung oder -lösung gewährleisten könnten. Vor und während des Kalten Krieges sahen die Großmächte militärische Interventionen als wirksamste Form der Friedenssicherung an. In der Zeit nach dem Kalten Krieg nun erweist sich die Schaffung von Frieden als langer und komplexer Prozess. Bisher haben die Kirchen auf Menschenrechtsverletzungen meistens reagiert, anstatt aktiv Vorbeugemaßnahmen zu ergreifen. Wie kann die ökumenische Bewegung den Kirchen helfen, eine neue Strategie für ihre Menschenrechtsarbeit zu planen und Netzwerke auf lokaler, regionaler und internationaler Ebene aufzubauen? Konfliktlösung oder -vorbeugung kann durch verschiedene Formen öffentlicher Überwachung und kompetenter Vermittlung erfolgen; und Menschenrechtsverletzungen kann am besten durch Erziehung zu staatsbürgerlicher Verantwortung und durch Bekämpfung der Ursachen vorgebeugt werden.

68. Zur Vorbeugung von Menschenrechtsverletzungen sind gesetzlich vorgesehene Strafmaßnahmen genauso wesentlich. Straffreiheit läßt die Ungerechtigkeit fortbestehen, die ihrerseits Racheakte und eine Spirale der Gewalt auslöst. Die für Menschenrechtsverletzungen Verantwortlichen müssen öffentlich zur Verantwortung gezogen werden. Die Redeweise "Du kannst weglaufen, aber du kannst nicht entkommen" wird sonst auf den Kopf gestellt. Vielen Verursachern von Massakern, Völkermorden, Kriegsverbrechen und Ungerechtigkeit (Staaten, Nationen, Einzelpersonen) wird aus "vitalen und strategischen Interessen" der regionalen oder internationalen Großmächte Straffreiheit zugestanden, und sie werden nicht am Kriterium der Gerechtigkeit gemessen. Es besteht die dringende Notwendigkeit, dass diejenigen, die mit ihrer Politik dafür verantwortlich sind, dass die Rechte und die Würde von Frauen und Kindern, Gemeinschaften und Nationen verletzt werden, vor Gericht gestellt und zur Rechenschaft gezogen werden. Gerechtigkeit und Rechenschaftspflicht sollten begleitet werden von Maßnahmen zur Wiedergutmachung und Entschädigung der Opfer enthalten. Nach so vielen Jahren harter Arbeit ist ein ständig tagender Internationaler Strafgerichtshof eingerichtet worden. Dieser und andere internationale Mechanismen sollten der UNO helfen, die Menschenrechte durchzusetzen. Der ÖRK muss mit Kirchen, ökumenischen Partnern, mit Menschen anderer Religionen und nichtstaatlichen Organisationen zusammenarbeiten, um Situationen und Fälle aufzugreifen, in denen Straffreiheit Ungerechtigkeit und Gewalt nach sich zieht. Vorbeugungs- und Strafmaßnahmen müssen als ein zusammengehöriges Ganzes gesehen werden.

2) Auf der Suche nach einer globalen Ethik
69. Die Kirche sieht die Gesellschaft naturgemäß mit anderen Augen. Sie kann die Werte des Evangeliums nicht den Ambivalenzen von Fortschritt und Technologie opfern. Sie kann nicht Werte unterstützen, die unvereinbar mit dem Evangelium sind. Die Kirche strebt eine verantwortliche Gesellschaft an, die von ethischen Werten und Menschenrechtsnormen getragen und geleitet wird. Viele Jahre lang setzte sich die Kirche mit den Herausforderungen des Säkularismus und des Materialismus auseinander. Es ist jetzt an der Zeit, dass die Kirche mit dem, was sie sagt und was sie tut, alle Ideologien und Strömungen herausfordert, die die Glaubwürdigkeit des Evangeliums und die Würde und Ganzheit des Menschen in Frage stellen.

70. Wir gehören zu einem oikos, einer oikoumene (Haushalt). Wir sind zuständig für die Ökonomie (oikos-nomos), die Führung unseres gemeinsamen Haushalts. Wir sind der Entwicklung einer grundlegenden gemeinsamen Ethik verpflichtet, die die Gesellschaften von bloßer Existenz zu sinnvoller Ko-existenz führen kann, von Konfrontation zu Versöhnung, vom Niedergang der ethisch-moralischen Werte zur Wiederherstellung der Lebensqualität, die dem menschlichen Leben seine Transzendenz zurückbringt. Die globale Kultur muss von einer globalen Ethik untermauert werden, die die Beziehungen der Nationen untereinander und mit der Schöpfung trägt und ihnen hilft, gemeinsam an einer echten Weltgemeinschaft zu arbeiten. Eine solche globale Ethik, zu der die Idee aus dem Jahre 1993 vom Parlament der Weltreligionen stammt, sollte nicht die westliche christliche Ethik widerspiegeln; sie muss auf einer Vielzahl von Erfahrungen und Überzeugungen beruhen. Die Kirche sollte, gemeinsam mit anderen Religionen, eine globale Ethik anstreben, die auf gemeinsamen ethischen Werten, die über die religiösen Glaubensüberzeugungen und engen Definitionen nationaler Interessen hinausgehen, basiert. Die Menschenrechte müssen von ethischen Grundsätzen getragen werden. Daher ist der Dialog zwischen den Religionen und Kulturen die entscheidende Grundlage für mehr Solidarität im Ringen um Gerechtigkeit und Frieden, Menschenrechte und Würde. Die Religionen müssen zusammenarbeiten, um festzustellen, wo und wie sie sich gemeinsam für die Verwirklichung der Menschenrechte einsetzen können. In der Reflexion über die Entwicklung einer globalen Ethik müssen folgende Punkte ernsthaft geprüft werden:

a) Wir müssen eine Kultur der aktiven Gewaltlosigkeit entwickeln, indem wir die Strukturen verändern, die Gewalt und Ungerechtigkeit hervorrufen. Das ÖRK-Programm zur Überwindung von Gewalt widmet sich seit einigen Jahren der ungeheuren Aufgabe, Geist, Logik und Praxis der Gewalt in Frage zu stellen und zu überwinden, indem es sich für eine Umwandlung der globalen Kultur der Gewalt in eine Kultur des gerechten Friedens einsetzt. Die Kampagne "Friede für die Stadt" ist ein konkretes Beispiel dafür, wie Menschen als wirkliche Partner mit Religionen und anderen Gruppen und Bewegungen zusammenarbeiten. In seiner Menschenrechtsarbeit muss der ÖRK an der Seite der Gemeinschaften stehen, die für ihre Menschenrechte kämpfen; er muss sie ermutigen, aktiv zu werden, und Netzwerke unter ihnen aufbauen, damit sie gemeinsam handeln können. Um Gewalt zu überwinden, müssen wir sowohl ihre Ursachen als auch ihre Symptome bekämpfen.

b) Die Schaffung von Frieden in Gerechtigkeit muss zu einer globalen Strategie werden. Die Menschenrechte bilden die wesentliche Grundlage für einen gerechten und dauerhaften Frieden. Wir müssen Mechanismen und Netzwerke auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene einrichten, die die friedliche Beilegung von Konflikten verbessern können. Wir müssen nach Mitteln und Wegen suchen, wie die Menschenrechtsarbeit von ihrem reaktiven Ansatz der Verteidigung von Menschen, deren Rechte verletzt werden, zu einem proaktiven Ansatz des Aufbaus von Gemeinschaften, die befähigt werden, die Verteidigung ihrer Menschenrechte selbst in die Hand zu nehmen, übergehen kann. Nationale Sicherheit muss ersetzt werden durch gemeinsame Sicherheit, nationale Interessen durch gemeinsame Interessen: Gerechtigkeit für alle, Frieden für alle, Sicherheit für alle. Das Engagement dafür sollte nicht nur eine Strategie, sondern ein grundlegendes ethisches Prinzip sein. Auf der JPIC-Versammlung in Seoul verpflichtete sich der ÖRK von neuem, alle Möglichkeiten der Schaffung von Gerechtigkeit, der Verwirklichung von Frieden und der Lösung von Konflikten durch aktive Gewaltlosigkeit auszuschöpfen. Die Religionen mit ihren inneren geistigen Ressourcen können Reue, Vergebung und Versöhnung ermöglichen.

c) Wir müssen eine Kultur der Menschenrechte schaffen, in der konstruktiv und verantwortlich mit Macht umgegangen wird. Häufig legitimieren demokratische Institutionen Macht, anstatt sich in den Dienst der Menschen zu stellen. Jede Form oder Ausübung von Macht, die nicht mit Verantwortung und Rechenschaftspflicht einhergeht, ist eine Quelle des Bösen. Macht wird zu einer befreienden Kraft, wenn sie Gerechtigkeit anstrebt, zur Mitwirkung in gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Institutionen ermutigt und wenn sie Integrationsbereitschaft und Demokratie in den Machtstrukturen fördert.

71. In der oikoumene Gottes darf es keine Ausgrenzung, keine Verletzung der Menschenrechte und der Menschenwürde geben. Wir müssen an einer Ethik arbeiten, die auf einer neuen Vision globaler Konvergenz aufbaut, um so die destruktiven Auswirkungen von Globalisierung, Technologie und Säkularisierung einzudämmen, einer Ethik, die eine Kultur der Solidarität und des gerechten Miteinanderteilens fördert, einer Ethik, die nicht auf einer karitativen Philantropie, sondern auf Gerechtigkeit basiert. Lasst uns daher "umkehren zu Gott", der die Menschheit in Christus als eine Gemeinschaft, die unter Seiner Herrschaft vereint sein soll, neu erschaffen und befreit hat und der will, dass die Menschen in Erwartung des Reiches Gottes in einer geordneten, gerechten und verantwortlichen Gesellschaft leben.

"Kehrt um zu Gott - seid fröhlich in Hoffnung"
72. In Amsterdam konzentrierten die Kirchen ihre Aufmerksamkeit auf "Die Unordnung der Welt und Gottes Heilsplan". Sind wir aber heute, fünfzig Jahre später, nicht mit einer sogar noch komplexeren Unordnung der Welt konfrontiert, die noch weitreichendere Folgen hat? Können wir den Lauf der Geschichte ändern? Können wir Alternativen zu den ideologischen und sozio-ökonomischen Systemen und Strukturen vorschlagen, die Ungerechtigkeit mit sich bringen, die Gesellschaft entmenschlichen und die Ganzheit und Überlebensfähigkeit der Schöpfung gefährden? Wir müssen "Gottes Reich anzeigen",13 wie Karl Barth auf der Vollversammlung in Amsterdam gesagt hat, und "zu Gott umkehren", um Gottes Heilsplan für die heutige Welt zu erkennen. Zu Gott umkehren und Gottes Reich anzeigen ist nun nie eine passive, defensive Haltung. Es setzt Aufopferung und Engagement für Gottes Mission voraus, die im wesentlichen das Ziel verfolgt, die ganze Menschheit und die Schöpfung in Erwartung des Reiches Gottes zu verwandeln. So
lasst uns umkehren zu Gott und uns in Gott unseren Mitmenschen zuwenden.
73. Wir sind heute alle zu Nachbarn in einem "globalen Dorf" geworden, egal ob Schwarze oder Weiße, Reiche oder Arme, Christen, Muslime, Buddhisten, Anhänger anderer Religionen oder Atheisten. Zerrissen durch die unter uns bestehenden Unterschiede und Spannungen, wissen wir noch nicht, wie wir in einer Welt zusammenleben sollen, in der wir als eine Gemeinschaft zusammenleben müssen.

Umkehr zu Gott bedeutet, dass wir uns unserem Nächsten im Geist aktiver Liebe, Gerechtigkeit und Versöhnung zuwenden. Wir sind ein missionarisches Volk, aber nicht in dem Sinne, dass wir andere beherrschen wollen, indem wir ihnen unsere eigenen Werte und Kulturen aufzwingen, sondern indem wir allen Menschen die "gute Nachricht" bringen. Daher bedeutet der Dialog mit unseren Nächsten nicht, dass wir unserem eigenen Glauben nicht voll verpflichtet bleiben würden. Im Dialog und Miteinander mit anderen Menschen wird unser eigener Glaube bereichert, geläutert und gestärkt. In Dialog zu treten, bedeutet, Zeugnis abzulegen, d.h. das Christusereignis inmitten der Ambivalenzen, Unsicherheiten und Polarisierungen dieser Welt zu leben. Es bedeutet auch, zuzuhören und zu versuchen, den Glauben und die Sichtweisen der anderen zu verstehen. Dialog schützt vor Synkretismus. Dialog impliziert das Streben nach umfassenderer Gemeinschaft.

In einer Welt, in der technologische Kultur und Globalisierung die Tendenz zur Entmenschlichung begünstigen, in einer Welt, in der neue Ideologien der Säkularisierung die Existenz einer höheren Wirklichkeit leugnen und materialistische und konsumistische Werte fördern, ist die Kirche, zusammen mit anderen Religionen, aufgerufen, die Gesellschaft umzugestalten, zu erneuern und ihr eine neue Ausrichtung zu geben, indem sie ihre geistlichen Grundlagen stärkt. In den heutigen pluralistischen Gesellschaften tragen wir gemeinsam mit unseren Nächsten die Verantwortung für eine gemeinsame Zukunft.

Lasst uns umkehren zu Gott und uns in Gott der Schöpfung zuwenden.
74. Wir leben in einer gefährdeten Schöpfung, die sich voller Geschwindigkeit ins Ungewisse bewegt. Das Ökosystem der Welt ist ernsthaft bedroht, und ihre Bevölkerung ist ethisch-moralischer Degeneration, geistigem Verfall und physischer Vernichtung ausgesetzt. Statistiken, die das Ausmaß von Armut und Hungersnöten, Umweltzerstörung und Gewalt aufzeigen, sind erschütternd. Die Vollversammlung in Evanston stellte fest, dass der Mensch "sein eigener Feind wird. Er sucht Gerechtigkeit, aber er endet bei Unterdrückung; er sehnt sich nach Frieden, aber er treibt auf den Krieg zu. Gerade seine Beherrschung der Natur ist es, die ihn zugrunde zu richten droht." 14

Die Schöpfung ist zu einem Objekt menschlicher Ausbeutung geworden. Umkehr zu Gott bedeutet, dass wir bereuen, was wir der Schöpfung, - unserem oikos (Haus), den Gott uns anvertraut hat - angetan haben und immer noch antun. Die Schöpfung gehört Gott; die Menschen sind ihre Haushalter. Daher muss jeder Prozess und jede Entwicklung, die die Überlebensfähigkeit der Schöpfung gefährdet, in Frage gestellt werden. Die Menschen müssen ihr Verhältnis zur Schöpfung wieder richtigstellen.

Lasst uns umkehren zu Gott und uns in Gott uns selbst zuwenden.
75. Wir können die Welt nicht verändern, wenn wir uns nicht selbst verändern. Welche Art von Kirche sehen wir für das 21. Jahrhundert voraus? Eine Kirche, die sich national oder ethnisch einschränkt und ausschließlich mit ihrem eigenen Fortbestehen beschäftigt ist; oder eine missionarische Kirche, die sich der Welt öffnet und bereit ist, sich ihren Herausforderungen zu stellen? Die zukünftige Ausrichtung der ökumenischen Bewegung wird in großem Maße durch unsere ekklesiologischen Vorstellungen und Überzeugungen bestimmt. Die ökumenische Bewegung kann nicht ohne eine Vision überleben, die von einer ganzheitlichen Sicht der Kirche, der Menschheit und der Welt getragen wird.

Die Kirche kann sich den Kompromissen, die die Welt anbietet, nicht anschließen. Sie muss das Evangelium in ihrem eigenen Leben und im Leben der Gesellschaft verkörpern. Ich habe noch die Stimme eines jungen Menschen im Ohr, den ich einmal laut schreien hörte:"Wo ist meine Kirche? Was tut sie?" Die Gläubigen brauchen eine Kirche, die ihnen zuhört und sich ihrer annimmt. Sie wollen eine Kirche, die ihre Erfüllung in ihrer missionarischen Aufgabe findet. Die Kirche muss aus ihrer institutionellen Gefangenschaft ausbrechen und "eine Kirche für die anderen" werden. Und wir sind gemeinsam die Kirche, die Kirche des Volkes Gottes; gemeinsam sind wir unserer Berufung treu. Die Kirchen, die zusammen an einem Ort leben, müssen zu einer erneuerten Gemeinschaft, zu einem konkreten Beispiel konziliarer Gemeinschaft werden. Die Welt wird auf uns hören, wenn wir zusammen sind und zusammen arbeiten, in Treue zum Evangelium und zum Gebot Christi. Gemeinsam sollten die Kirchen zu einem Zeichen der Hoffnung in einer Welt werden, die gefangen ist in Sinnlosigkeit und Verzweiflung.

Und schließlich lasst uns umkehren zu Gott, der sich in Jesus Christus offenbart hat.
76. Er ist Quelle unseres Seins und unseres Lebens, unserer Hoffnung und unserer Freude. Wir glauben an einen Gott, der sich den Menschen in Christus zuerst selbst zugewandt hat und der uns dann eingeladen hat, uns ihm zuzuwenden. Gott wendet sich uns immer gnädig zu, auch wenn wir nicht bereit sind, uns ihm in Glauben und Reue zuzuwenden. Gott ist seinem Bund immer treu geblieben (1. Mose 9,11; 5.Mose 4, 25-31). Die Frage, die auf dieser Vollversammlung an uns gerichtet ist, lautet: Haben wir Gottes Bund mit uns die Treue bewahrt?

Tatsächlich haben wir uns häufiger Hass und Gewalt, Ungerechtigkeit und Machtstreben zugewendet. Wir haben uns auf uns selbst konzentriert und alles, was darüber hinaus geht, ignoriert; wir haben den Anspruch erhoben, unser Schicksal unter Kontrolle zu haben. Wir haben die Welt zu einem Ort gemacht, der auf sich selbst konzentriert, in sich geschlossen, seiner Hoffnung und Transzendenz beraubt ist. Zu Gott umzukehren, bedeutet, dass wir uns bewusst werden, dass wir nicht uns selbst, sondern Gott gehören. Es bedeutet, dass wir uns von allen Werten, Ideologien und Lebensstilen abwenden, die unser Leben seiner höchsten Wirklichkeit berauben. Die Menschheit kann ohne die eschatologische Dimension nicht überleben. Wir müssen erkennen, dass alle menschlichen Ressourcen, alle wunderbaren Errungenschaften der Technologie unvollkommen und relativ sind, und müssen in Demut und Buße zu Gott umkehren. Wir müssen von der Entfremdung umkehren zur Versöhnung mit Gott, von unseren Wegen zu Gottes Weg, und uns Gottes Urteil unterwerfen.


77.   In Amsterdam (1948) haben wir die Unordnung der Welt, angesichts Gottes Heilsplans erkannt.
        In Evanston (1954) haben wir Christus als die Hoffnung der Welt verkündet.
        In Neu Delhi (1961) haben wir Christus als das Licht der Welt bekannt.
        In Uppsala (1968) hörten wir den Ruf Christi "Siehe, ich mache alles neu" (Offb 21, 5).
        In Nairobi (1975) bekräftigten wir Christus angesichts der Unterdrückung und Spaltungen in der Welt als Quelle der Befreiung und Versöhnung.
        In Vancouver (1983) feierten wir Christus als das Leben der Welt, einer Welt voll des Bösen und des Todes.
        In Canberra (1991) beteten wir zum Heiligen Geist, er möge die ganze Schöpfung erneuern.
        Und jetzt in Harare kehren wir um zu Gott, um fröhlich zu sein in Hoffnung.

Die Umkehr zu Gott stellt eine neue Qualität in der Beziehung mit Gott, miteinander, mit der Menschheit und mit der Schöpfung her.

Christliche Hoffnung ist in dem neuen Leben verwurzelt, das der Welt durch Kreuz und Auferstehung geschenkt wurde. Unsere Hoffnung ist nicht eine theoretische Realität, eine unverwirklichte Eschatologie. Unsere Hoffnung gründet in der Menschwerdung Christi. Wir sind ein Volk der Hoffnung (Rm 5, 4-5), Pilger auf dem Weg zum Reich Gottes.

78. Das Erlassjahr ist eine Aufforderung zu Versöhnung und Neubeginn. Wir nähern uns einem Wendepunkt in der Geschichte. Sind wir bereit, das Evangelium zu leben und es der Welt zu bringen, indem wir es als Quelle der Befreiung, der Versöhnung und der Verwandlung verkündigen, durch martyria im Leben und, wenn nötig, bis in den Tod? Sind wir bereit, unsere Verpflichtung auf die sichtbare Einheit neu zu bekräftigen? Sind wir, nach dem langen und gemeinsamen Prozess theologischer Reflexion und Konvergenz zu Taufe, Eucharistie und Amt (BEM) mutig genug, die Taufe als konkreten Fortschritt in unserem gemeinsamen Streben nach voller und sichtbarer Einheit gegenseitig anzuerkennen? Im Jahre 2001 werden die zwei Osterdaten, die gegenwärtig nach dem Gregorianischen und dem Julianischen Kalender berechnet werden, zusammenfallen (15. April). Könnte dies nicht der Beginn einer gemeinsamen Osterfeier sein?

Diese Vollversammlung in Harare ist in der Tat eine entscheidende Vollversammlung. Wir sind hier hingekommen voller Hoffnung und Verzweiflung, Begeisterung und Enttäuschung. Ist dieses Paradox nicht Teil unseres Zusammenseins? Wir sind unterschiedlich, und wir werden in vieler Hinsicht unterschiedlich bleiben. Was uns jedoch zusammenbringt, ist unsere gemeinsame Vision von der Einheit und unsere feste Verpflichtung, gemeinsam auf dieses Ziel hinzuarbeiten. Am 13. Dezember werden wir, während der Feier des 50. Jahrestags der Gründung des ÖRK, eingeladen werden, unsere Verpflichtung mit folgenden Worten neu zu bekräftigen:

"Wir haben den festen Willen, beieinander zu bleiben..
weder Fehlschläge noch Unsicherheiten,
weder Ängste noch Bedrohungen
können unseren Willen schwächen, weiter zu gehen auf dem Weg zur Einheit,
alle willkommen zu heissen, die sich uns auf diesem Weg anschließen wollen,
unsere Vision ständig zu erweitern,
und neue Formen des gemeinsamen Zeugnisses und Handelns im Glauben zu entdecken."
Es gibt kein Wachstum ohne Risiko. Doch müssen wir verantwortlich zusammenwachsen, uns gegenseitig herausfordern, verstehen und respektieren. Das ist der Ruf, den Gott an uns richtet. Das ist die heilige Aufgabe, die wir vor uns haben. Es ist mein tiefer Wunsch, dass unsere Gebete und Meditation, unsere Reflexion und Aktion in den kommenden Tagen von dieser Vision und Verpflichtung gestärkt, bereichert und gelenkt werden. Und lasst uns, mit dieser Hoffnung im Herzen, zu Gott umkehren und fröhlich in Hoffnung sein".
ARAM I
November 1998 KATHOLIKOS VON KILIKIEN
Antelias - Libanon

Notes:

1. Visser't Hooft, W.A., hsg., Evaston: Dokumente, Berichte und Reden auf der Weltkirchenkonferenz in Evaston, 1954 Luther-Verlag, Witten 19954, 5.8
2. The Nature and Purpose of the Church: A Stage on the Way to a Common Statement, Kommission für Glauben und Kirchenverfassung, Dokument No. 181, Erscheinen demnächst, §§ 52 und 53
3. Thomas F. Best und Martin Robra, Hsg., Costly Commitment, in Ecclesiology and Ethics: Ecumenical Ethical Engagement, Moral Formation and the Nature of the Church, Genf, ÖRK-Verlagsbüro, 1997, §17, S. 28.
4. Lebendige Briefe: Bericht über die Besuche bei den Kirchen während der Ökumenischen Dekade-Kirchen in Solidarität mit den Frauen, Genf, ÖRK-Verlag, 1997.
5. Bericht aus Nairobi 75, Offizieller Bericht der Fünften Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen, Hrsg. von H. Krüger und W. Müller-Römheld, Lembeck, Frankfurt a.M., 1976, S.326
6. Building a Just and Moral Economy für Sustainable Communities: Erklärung vor dem höchsten Gremium der Fünften Sitzung der UN-Kommission für bestandfähige Entwicklung, Kommission für Internationale Angelegenheiten, Ökumenischer Rat der Kirchen, 10. April 1997, New York, S.1-2.
7. Visser't Hooft, W.A., Hsg., Die Erste Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Amsterdam 1948, Studienabteilung des ÖRK in Genf, Zürich 1948, S. 117. Die Rolle, die der Krieg im heutigen internationalen leben spielt, ist Sünde wider Gott und eine Entwürdigung des Menschen.
8. Die Zeit ist da, Schlussdokument and andere Texte: Weltversammlung für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung, 1990, Genf, ÖRK-Verlagsbüro, 1990.
9. Amsterdam 1948, 1. Band, S. 224.
10. Ibid., S. 32
11. Ibid., S. 70
12. Präambel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte
13. Op.cit. S. 38
14.  Evanston 1954, S.7.

Plenarsitzungen der Vollversammlung
8. Vollversammlung und 50. Geburstag
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