Oekumenischer Rat der Kirchen

Vorbereitungsmaterialien der
Achte Vollversammlung & Fünfzigjähriges
Bestehen des ÖRK

HEARING ZU EINHEIT II: KIRCHEN IN MISSION:
GESUNDHEIT, BILDUNG, ZEUGNIS

Kommentierte Tagesordnung

Sitzung I
1. Musik
2. Begrüssung und Vorstellung
3. Erläuterungen zum Ablauf des Hearings
4. Video zur Identität und Arbeit von Einheit II
5. Interviews von vier "Zeugen/Zeuginnen" zu besonderen Programmen der Einheit: Gemeinsames Zeugnis; Christliche Bildungsarbeit in multireligiösen und pluralistischen Kontexten; Studie über HIV/AIDS; Konferenz für Weltmission und Evangelisation. Die Zeugen/Zeuginnen werden sich zur Bedeutung der geleisteten Arbeit, ihrer Relevanz für die Kirchen und/oder die Situation, in der sie sich befinden, zu Aspekten, die noch weiter untersucht werden müssen, und zu bestehenden Mängeln äussern.
6. In Zweier- oder Dreiergruppen werden die Teilnehmenden über die im Video und von den Zeugen/Zeuginnen dargestellte Arbeit diskutieren und darüber nachdenken, was in diesem Zusammenhang für das Leben ihrer Kirche und ihr eigenes Engagement von Bedeutung ist.
7. Feedback: einige Reaktionen aus den Gruppen.
8. Musik

Sitzung II
1. Im Rahmen interaktiver Diskussionen werden verschiedene Aspekte des Auftrags der Einheit, die Kirchen in ihrer Rolle als heilende, lernende und Zeugnis ablegende Gemeinschaften zu unterstützen, dargestellt werden. Eine Person wird die Aufgabe haben, die Diskussion über wichtige Aspekte der Arbeit und der Programme von Einheit II anzuleiten. Die Gespräche werden sich auf die Themen Evangelium und Kulturen, Kirchlicher Dienst im städtischen und ländlichen Bereich, CMC-Kirchliche Gesundheitsarbeit, Evangelisation und Christliche Bildungsarbeit in Mittel- und Osteuropa konzentrieren. Gastredner/innen werden Berichte, Dias, Videos etc. in die Diskussionen einbringen, und die Teilnehmenden werden Gelegenheit haben, sich dazu zu äussern.

2. Nach der Diskussion wird es eine kurze Zeit der Besinnung geben, nach der die Teilnehmenden eingeladen werden, ihre Antworten und Kommentare zu folgenden Fragen auf Karten, die verteilt werden, niederzuschreiben:

  • Welche Bedeutung hatten die Anliegen der Einheit für Ihre Region oder Kirche?
  • Welchen Themen oder Anliegen, die aus der Arbeit der Einheit erwachsen, muss der ÖRK in der kommenden Periode seine Aufmerksamkeit schenken?

3. Unter musikalischer Begleitung verlassen die Teilnehmenden den Sitzungssaal und legen ihre Karten in die dafür bereitgestellten Kästen.

Sitzung III
Diese Sitzung wird vom Ausschuss für Programmrichtlinien organisiert und geleitet.


BERICHT ÜBER KIRCHEN IIN MISSION:
GESUNDHEIT, BILDUNG, ZEUGNIS

Der Vollversammlungsbericht von Canberra enthielt folgende Aussage: "Eine versöhnte und erneuerte Schöpfung ist das Ziel der kirchlichen Mission. Die Vision von Gott, der alle Dinge in Christus zusammenfasst, ist die treibende Kraft des Lebens und Miteinanderteilens der Kirche". Diese eindringliche Erklärung inspirierte die Vision, die Einheit II in der Zeit nach Canberra in den verschiedenen Entwicklungsphasen ihres Mandats, ihrer Programmschwerpunkte und ihrer Beziehungen leiten und ihre raison d'être sein sollte.

Bei der Umstrukturierung des ÖRK 1992 wurde Einheit II die Aufgabe zugeteilt, das missionarische Engagement der ökumenischen Bewegung zum Ausdruck zu bringen. Mit der Zusammenlegung von drei früheren ÖRK-Untereinheiten - Christliche Gesundheitskommission, Bildungsarbeit und Kommission für Weltmission und Evangelisation - wurden die verschiedenen Dimensionen von Mission - die Dimensionen des Heilens, des Lehrens und des Zeugnisablegens - miteinander verbunden.

"Die Hoffnung, dass der Heilige Geist Gottes Volk an jedem Ort erneuern und befähigen wird, in vollem Masse an Gottes ganzheitlicher Mission teilzuhaben, steht im Mittelpunkt der Vision für die Programmeinheit II", erklärte die neu gebildete Kommission 1992 in Evian/Frankreich. "Im Kontext einer zunehmenden Fragmentierung der Menschheit, von zerbrochenen Beziehungen, Ausgrenzung und Verarmung werden die Kirchen ermutigt, Zeugnis abzulegen von Gottes Plan der Schaffung einer neuen, heilen und gerechten Gesellschaft - einer neuen Gemeinschaft im Zeichen der Herrschaft Gottes". So lautete der wichtigste Auftrag an Einheit II, "die Kirchen bei der Zurüstung (oikodomé/Aufbau) des ganzen Volkes Gottes zu stärken, damit es im Glauben wachsen und Zeugnis von der göttlichen Verheissung erfüllten Lebens für alle in Jesus Christus ablegen kann".

Die Rolle der Einheit wurde so definiert, dass sie dazu beiträgt:

  • gemeinsam mit Kirchen und Gruppen zu erforschen was Mission heute bedeutet und vor welchen Herausforderungen sie steht;
  • Gottes Volk für die Mission auszubilden, zu befähigen und zu erneuern;
  • Kontakte unter Kirchen und Gruppen herzustellen, um das Miteinanderteilen, die Solidarität und den Aufbau einer gerechten und heilen Gemeinschaft zu fördern;
  • sich mit Menschen in ihrem Kampf um Befreiung zu identifizieren, den Kontext zu analysieren, zu neuen Initiativen zu ermutigen und im Rahmen besonderer Programme Mittel zur Verfügung zu stellen.

Im Berichtszeitraum konnte durch die Verbindung von theoretischen Untersuchungen und praxisorientierten Diskussionen viel erreicht werden: für kirchliche Führungskräfte auf mittlerer Ebene wurden Arbeitshilfen und -ergebnisse bereitgestellt und für Ortsgemeinden und Gruppen Materialien ausgearbeitet. Der Arbeitsstil der Einheit sah so aus, dass bereits existierende Bemühungen auf lokaler Ebene aufgegriffen und gemeinsam fortgeführt wurden (wobei systematisches Denken und eine globale Perspektive eingebracht werden konnten) und dass mit Kirchen und anderen ökumenischen Partnern zusammengearbeitet wurde.

Die Kommission der Einheit gab mit ihren Ratschlägen und ihren Beschlussfassungen die Hauptausrichtung dieser Arbeit vor. Insgesamt fanden vier volle Kommissionstagungen statt: Evian/Frankreich (1992), St. Ann's/Trinidad und Tobago (1993), Coventry/GB (1995) und Salvador/Brasilien (1996). Diese Tagungen ermöglichten nicht nur intensive Diskussionen über die Programme und Arbeitsbeziehungen der Einheit, sondern boten auch Gelegenheit zu wichtigen Begegnungen mit unterschiedlichen Lebenskontexten und den Kirchen vor Ort.

In bestimmten Programmbereichen konnten auch die von der Kommission ernannten Arbeitsgruppen zu "Mission und Evangelisation im Dienst der Einheit" (die eine Beratungsgruppe zu "Evangelium und Kulturen" einschloss), zum "Kirchlichen Dienst im städtischen und ländlichen Bereich", zu "CMC-Kirchliche Gesundheits-arbeit" und zur "Bildungsarbeit für das ganze Volk Gottes" erfahrungsorientierte Beratung geben. Ferner war die Bevollmächtigte Arbeitsgruppe für Bildungsarbeit - ein vom Zentralausschuss eingerichtetes Beratungsgremium des ganzen ÖRK - in der Einheit angesiedelt. Zwar hatten die ausgezeichneten Richtlinien, die diese Gruppe im Blick auf die vom ÖRK zu leistende Bildungsarbeit ausarbeitete, wohl vor allem aufgrund struktureller Schwierigkeiten nicht die erwartete Wirkung, aber das gegenwärtige Interesse an einer Neubelebung der ökumenischen Bildungsarbeit ist zum grossen Teil auf ihre Arbeit zurückzuführen.

Der in diesem Bericht abgedeckte Zeitraum war eine intensive Zeit voller Herausforderungen, nicht zuletzt deshalb, weil die finanzielle Krise des ÖRK und damit auch der Einheit Auswirkungen auf praktisch jeden Aspekt der Arbeit hatte. Es mussten Anpassungen vorgenommen und Mitarbeiterstellen gestrichen werden, und im Rahmen der Beteiligung an dem weitgesteckten Reflexionsprozess des ÖRK zum gemeinsamen Verständnis und zur gemeinsamen Vision (CUV) wurden neue Richtlinien für die Arbeit der Einheit entwickelt. Am stärksten betroffen waren die Gesundheits- und Bildungsprogramme der Einheit. Dank des bemerkenswerten Einsatzes der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, der Kommission und der Partner von Einheit II konnten die Programmprioritäten jedoch eingehalten werden; und im Rahmen des CUV-Prozesses steuerte die Einheit eine Reihe wichtiger Grundsatzpapiere zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit des ÖRK bei.

Im Berichtszeitraum arbeitete der Stab der Einheit vorwiegend in fünf Teams:

  • Mission und Evangelisation im Dienst der Einheit
  • Gemeinschaft und Gerechtigkeit/Kirchlicher Dienst im städtischen und ländlichen Bereich
  • Evangelium und Kulturen
  • CMC Kirchliche Gesundheitsarbeit
  • Bildungsarbeit für das ganze Volk Gottes

Jedes dieser Teams hatte zwar seine eigenen Arbeitsschwerpunkte, aber es wurde versucht, flexibel zu sein sowie Zusammenhalt und Komplementarität herzustellen, indem einige oder alle Teams an gemeinsamen Zielen arbeiteten - wie z.B. an der Organisation der Konferenz für Weltmission und Evangelisation. In ähnlicher Weise waren fast alle Stabsmitglieder an der Studie "Evangelium und Kulturen" sowie an der HIV/AIDS-Studie beteiligt, und eine Reihe der Programme wurde vom Team für Bildungsarbeit begleitet.

In den verschiedenen Entwicklungsphasen der Einheit wurden unterschiedliche Gruppen gebildet, um bestimmte Themen gemeinsam anzugehen, und die Teams wurden infolge sinkender Mitarbeiterzahlen zweimal neu zusammengestellt. Gegenwärtig arbeiten die Stabsmitglieder in zwei Teams: "Mission und Evangelisation" und "Bildungsarbeit für das ganze Volk Gottes".

Wie konnten nun Vision und Mandat der Einheit in Programme und Aktivitäten umgesetzt werden? Auf welches Echo stiessen diese Programme und Aktivitäten in den Kirchen, bei den ökumenischen Partnern, Einrichtungen und Gemeinschaften in den verschiedenen Teilen der Welt? Welches waren die wichtigsten Herausforderungen, und welche Erfolge und Misserfolge gab es? Im folgenden wird der Versuch gemacht, einen Überblick über die wichtigsten Aspekte der Arbeit der Einheit in der Zeit von Canberra bis Harare zu geben.

MISSION UND EVANGELISATION IM DIENST DER EINHEIT

Obwohl sich die ganze Einheit mit Mission im weitesten Sinne befasste, konzentrierte sich das Mitarbeiterteam von "Mission und Evangelisation im Dienst der Einheit" auf besondere Dimensionen des christlichen Zeugnisses und auf bestimmte Missionssituationen. Sein besonderes Mandat bestand darin, den Kirchen zu helfen, über Ziele und Formen von Mission nachzudenken, und sie zu ermutigen, die Hauptverantwortung für Mission und Evangelisation in ihrem jeweiligen Kontext zu übernehmen und dabei die ökumenische Perspektive nicht aus dem Blick zu verlieren. Die Programme und Aktivitäten, die in diesen Bereichen sowohl von einzelnen Referaten als auch gemeinsam durchgeführt wurden, boten den Kirchen Gelegenheit, über zentrale Missionsanliegen nachzudenken, regten neue Diskussionen über die dringliche Frage des gemeinsamen Zeugnisses und des Proselytismus an und ermutigten zu innovativen Ansätzen in den Bereichen Evangelisation und Bildungsarbeit für ein christliches Zeugnis.

Ferner wurden Besuche bei theologischen Einrichtungen durchgeführt, um ihnen bei der Planung des Themenschwerpunkts Missiologie in ihren Lehrplänen zu helfen. Ein dreistufiges Programm zu dem Thema "Zu Haushaltern der Erde berufen" bot den Teilnehmenden aus Finnland, den Philippinen und Simbabwe Gelegenheit zu neuen Erfahrungen mit ökumenischem Lernen und zu einem Austausch über pädagogische Arbeitsmethoden; weitere Arbeitskontakte wurden von den Beteiligten verbindlich geplant.

Zusätzlich zu seiner vollen Mitarbeit an der Studie "Evangelium und Kulturen" und an den Vorbereitungsarbeiten für die Konferenz für Weltmission und Evangelisation setzte das Team von "Mission und Evangelisation im Dienst der Einheit" eine Reihe von Reflexionsprozessen in Gang. Diese wurden im allgemeinen zusammen mit Mitgliedskirchen, Kirchenräten und anderen ökumenischen Partnern durchgeführt, bezogen zum Teil aber auch römische Katholiken und Vertreter von Pfingstkirchen und unabhängigen Kirchen ein.

So begleiteten die Mitarbeiter/innen zum Beispiel einen langfristigen Prozess zur Erneuerung missionarischer Ortsgemeinden in Europa (der 1989 in Zusammenarbeit mit der Konferenz Europäischer Kirchen eingeleitet wurde), mit dem Ziel, Gottesdienstgemeinschaften vor Ort zu ermutigen, "Gottes Tagesordnung" in ihrem eigenen Umfeld in Angriff zu nehmen. Höhepunkt dieser Bemühungen war eine gesamteuropäische Versammlung in Potsdam (1993) zu dem Thema "Hört, was der Geist den Gemeinden sagt". Gegenwärtig wird dieser Prozess von einer eigenen Koordinierungsgruppe, mit der die Einheit auch weiterhin in Verbindung steht, in kreativer Weise fortgeführt.

Als die Kommission beschloss, dass die Einheit an einer neuen Erklärung zu Mission und Evangelisation (zur Ergänzung der weithin akzeptierten Erklärung von 1982 "Mission und Evangelisation: eine ökumenische Erklärung") arbeiten sollte, wurden in Afrika, Asien, Europa und Lateinamerika Begegnungen auf regionaler und nationaler Ebene gefördert, die einen Beitrag dazu leisten sollten, die wichtigsten Herausforderungen für die Mission der Kirche heute sowie neue Paradigmen für die Mission zu definieren. Weitere Beiträge zu der Erklärung (die nach der Vollversammlung in Harare fertiggestellt werden soll) lieferten themenspezifische Diskussionen im Rahmen verschiedener ökumenischer Tagungen und einer internationalen Konsultation zum Thema "Mission 2000 - Vision und Heraus-forderungen", die 1997 in Morges in der Schweiz stattfand.

Evangelisation
Ein anderer wichtiger Arbeitsschwerpunkt bestand darin, die Christen zu ermutigen, ihren Glauben als Gabe Gottes mit anderen zu teilen, und dabei Formen der Evangelisation zu finden, die den kulturellen Kontext berücksichtigen. Es zeigte sich, dass die Kirchen sich oft sträuben, ihre Ressourcen für die Evangelisation miteinander zu teilen oder gemeinsam zu evangelisieren. Einigen scheint ihr "mangelnder Erfolg" unangenehm zu sein oder aber sie verstehen Evangelisation nur als eine Steigerung ihrer Mitgliederzahlen; daher wurde es als notwendig angesehen, Raum für Dialog und gegenseitiges Lernen zu schaffen.

In diesem Sinne arbeitete die Einheit mit regionalen und nationalen Kirchenräten zusammen, um Kirchenvertreter/innen in die Diskussionen einzubeziehen. So organisierte das Referat für Evangelisation gemeinsam mit der Gesamtafrikanischen Kirchenkonferenz 1995 in Tansania eine Tagung zu dem Thema "Das Feuer am Horizont - ein Aufruf zur Evangelisation", mit dem Ziel, über das Wesen der Evangelisation im afrikanischen Kontext zu diskutieren und die Kirchen zu einer ganzheitlichen, kooperativen Mission aufzurufen. Eine Gelegenheit zum Dialog sowie zu praktisch-konkreter Arbeit bot ein regionaler Workshop zum Thema "Evangelisation und Kommunikation - die Verkündigung des Evangeliums in der Pazifikregion", der 1997 in Tonga für Kirchenvertreter/innen abgehalten wurde. Die Kirchen in Kuba wurden 1996 zu einer Konsultation eingeladen, auf der gemeinsam überlegt wurde, wie sie angesichts des evangelistischen Gärungsprozesses in ihrem Land zusammenarbeiten könnten.

Eine wichtige Entwicklung stellte im Berichtszeitraum die Neubelebung und Ausweitung eines globalen "Kontaktnetzes für Evangelisation und Zeugnis" dar, in dem Personen in Verbindung miteinander treten, die in ihren eigenen Kirchen und Missionswerken für Evangelisation zuständig sind. Das Netz - das gegenwärtig mehr als 250 Personen umfasst - ermöglicht den Gedankenaustausch über Fragen der Evangelisation und bietet Unterstützung für Tagungen zum Thema Mission und Evangelisation, die in den verschiedenen Ländern oder Regionen stattfinden. Leider war es aufgrund finanzieller Engpässe nicht möglich, die Personen, die durch das Netzwerk miteinander verbunden sind, zu regionalen Konsultationen zusammenzubringen, was sicher von grosser Bedeutung für ihre Arbeit gewesen wäre.

Der weithin bekannte "Ökumenische Brief über Evangelisation" (der vier- bis sechsmal pro Jahr in drei Sprachen mit einer Auflage von ca. 3000 veröffentlicht wird) diente auch weiterhin als wichtiges Instrument für den Austausch von Reflexionen, Erfahrungen und Ressourcen. Da er sich durch Praxisnähe auszeichnet und wichtige aktuelle Fragen behandelt, ist er zu einer beliebten Lektüre für ein breites Publikum geworden.

Beziehungen in der Mission
Die Überzeugung, dass die Kirchen gemeinsam Zeugnis ablegen müssen und dass die Einheit der Kirche in der Mission zum Ausdruck kommen muss, hat dazu geführt, dass Einheit II den Beiträgen, die aus der expliziten Zusammenarbeit mit den orthodoxen Kirchen und den offiziellen Beziehungen mit der römisch-katholischen Kirche erwachsen, grössten Wert beimisst.

Wie in anderen Teilen des vorliegenden Berichts deutlich werden wird, hat es (häufig, aber nicht ausschliesslich im Rahmen besonderer Konsultationen) kreative orthodoxe Beiträge gegeben, und zwar zu der Studie "Evangelium und Kulturen", der HIV/AIDS-Studie, dem breit angelegten Prozess, der in der Erklärung zum gemeinsamen Zeugnis gipfelte, sowie zu einer grossen Zahl von Programmen, die in anderen Teams und anderen Einheiten bzw. Büros angesiedelt sind. Die Kontakte mit den historischen orthodoxen Kirchen, mit den neueren orthodoxen Kirchen in Asien und Afrika und denen in der Diaspora sowie mit orthodoxen theologischen Ausbildungsstätten und Missionseinrichtungen wurden aufrechterhalten. All diese Bemühungen dienten dazu, das Nachdenken über Mission in den orthodoxen Kirchen zu fördern, die Beziehungen zwischen den historischen und den neueren Kirchen in der orthodoxen Familie zu stärken, sie mit der auf örtlicher und internationaler Ebene stattfindenden Reflexion in Verbindung zu bringen und die Perspektiven und Herausforderungen des orthodoxen Missionsethos in die ökumenische Reflexion und Diskussion einzubringen.

Mitglieder des Teams statteten dem Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen und den Internationalen Unionen der Generaloberinnen und Generaloberen regelmässige Besuche ab. Die römisch-katholische Beraterin der Einheit (die die römisch-katholischen Missionsorden vertritt und vom Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen angestellt worden ist) ist Mitglied der Gemeinsamen Arbeitsgruppe des ÖRK und der römisch-katholischen Kirche und unterhält Kontakte mit dem Päpstlichen Rat für den interreligiösen Dialog. Die regelmässige Teilnahme an Seminaren wie jenen, die von SEDOS (dem Seminar katholischer Missionsverantwortlicher) und dem Zentrum für Einheit in Rom veranstaltet werden, hat sich für den Austausch ökumenischer Perspektiven als wesentlich erwiesen.

Erklärung zum gemeinsamen Zeugnis. In den letzten Jahren hat es eine unglaubliche Eskalation konkurrierender Missionsarbeit in vielen Teilen der Welt gegeben, was zum Vorwurf des Proselytismus und häufig zur Schaffung paralleler kirchlicher Strukturen führte. Ferner gab es ein starkes Ansteigen der Zahl neuer Missionsgesellschaften, die im Süden angesiedelt sind und selbständig in anderen Teilen der Welt arbeiten, oft ohne jeglichen Kontakt mit den Kirchen in den betroffenen Ländern.

Als Antwort auf das Ersuchen des ÖRK-Zentralausschusses 1989 wurde eine umfassende Studie über Anliegen des gemeinsamen Zeugnisses durchgeführt. Von 1993 bis 1995 wurden drei Konsultationen veranstaltet (in Chambésy und Moskau, primär für die orthodoxen Kirchen, und in Manila), auf denen einmal mehr das theologische Verständnis von der einen Kirche und der einen Mission bekräftigt und gleichzeitig die Herausforderungen untersucht wurden, die durch unterschiedliche, miteinander in Konflikt stehende Motive, Konzepte und Formen von Mission entstehen. Besondere Anstrengungen wurden unternommen, um "Proselytenmacher" und "Proselyten" miteinander in Kontakt zu bringen und nicht nur ÖKR-Mitgliedskirchen, sondern auch Vertreter/innen von evangelikalen, charismatischen und pfingstkirchlichen Gruppierungen einzubeziehen.

Diese Diskussionen wurden in eine "Synthese-Tagung" (1996) eingebracht und dort mit weiteren Arbeitsergebnissen zum Thema gemeinsames Zeugnis und Proselytismus verglichen. Der daraus hervorgehende Entwurf einer Erklärung wurde mehr als 200 Personen mit der Bitte um Stellungnahme zugesandt. Im September 1997 nahm der Zentralausschuss die Erklärung "Auf dem Weg zu einem gemeinsamen Zeugnis - ein Aufruf zu verantwortlichen Beziehungen in der Mission und eine Absage an Proselytismus" an und empfahl sie den Kirchen zur Reflexion und Beschlussfassung. Diese Erklärung wird ein wichtiges Referenzdokument für die vorgeschlagene Studie über Ekklesiologie und Mission darstellen.

Studie über Beziehungen in der Mission. Die Einheit führte die jahrzehntelange Arbeit im Bereich internationaler Beziehungen in der Mission fort, indem sie bei der Durchführung regionaler Begegnungen und Studien (bis 1993) half und ein Studienprojekt (1995-96) zu diesem Thema initiierte. Die Forschungsarbeit, die von einem (nicht in Genf angesiedelten) Berater durchgeführt wurde, umfasste einen Überblick über die ökumenische Diskussion bis in die Gegenwart, einen Überblick über strukturelle und andere Veränderungen, die Missionsgesellschaften und Kirchen eingeführt haben, sowie Untersuchungen zu konkreten Missionssituationen in ausgewählten Ländern, einschliesslich einer Prüfung der Missionsbewegungen im Süden.

Eine der Empfehlungen, die aus diesem Prozess hervorgegangen sind, hat zur Herstellung engerer Beziehungen zwischen einigen indischen Missionsgesellschaften und den Kirchen in diesem Land geführt. Der ÖRK ist auch darum ersucht worden, bei anderen Aspekten der Nacharbeit behilflich zu sein.

GEMEINSCHAFT UND GERECHTIGKEIT /
KIRCHLICHER DIENST IM STÄDTISCHEN
UND LÄNDLICHEN BEREICH

Seit langem schon wird die Solidarität mit armen und ausgegrenzten Gemeinschaften und die Beteiligung an ihrem Kampf um Gerechtigkeit und die Fülle des Lebens im Zeichen des Reiches Gottes als wesentlicher Bestandteil der Mission der Kirche verstanden. Innerhalb des ÖRK ist diese Aufgabe vom Kirchlichen Dienst im städtischen und ländlichen Bereich (URM) übernommen worden. Zusätzlich zum Engagement in konkreten Situationen menschlichen Leidens und Kämpfens - primär durch die Befähigung örtlicher Gemeinschaften, sich selbst zu organisieren und für ihre Eigenständigkeit und Würde einzutreten, - ist die biblische, theologische und missiologische Reflexion aus der Sicht "von unten" stark betont worden, um die Kirchen in ihrer missionarischen Theorie und Praxis aufzurütteln.

Im Anschluss an die Umstrukturierung des ÖRK wurde eine Konsultation einberufen, um das URM-Programm im Blick auf das Mandat und die missiologische Ausrichtung der Einheit zu überprüfen und die ihm zugrundeliegenden Prinzipien, Richtlinien und Perspektiven für die Zukunft zu untersuchen und festzulegen. Aufbauend auf dieser Konsultation erarbeitete die URM-Arbeitsgruppe eine Erklärung mit dem Titel "Mission and Evangelism - A URM Contribution to Ecumenical Perspectives und formulierte eine Reihe anderer Beschlüsse zu bestimmten Aspekten des Programms und der Organisation von URM. Diese wurden in URM Reflections '93 veröffentlicht - einer Publikation, in der auch weiterhin das Selbstverständnis, die Vision und der Auftrag von URM zum Ausdruck kommen.

Die Arbeit von URM findet hauptsächlich in sechs Regionen statt: Afrika, Asien, Europa, Lateinamerika, dem Nahen und Mittleren Osten und Nordamerika. Die im Berichtszeitraum unternommenen Anstrengungen, auch im karibischen Raum tätig zu werden, konnten aufgrund finanzieller und anderer Zwänge nicht fortgeführt werden. Die Arbeit in jeder Region wird von einer Kontaktgruppe koordiniert, die sich hauptsächlich aus lokal verwurzelten Gemeinwesenorganisatoren/innen, Kirchen-vertretern/innen und Personen zusammensetzt, die die theologische Reflexion anregen. In den letzten Jahren haben die Kontaktgruppen zunehmend Verantwortung für die Mobilisierung von Mitteln auf regionaler und nationaler Ebene übernommen und damit die finanzielle Abhängigkeit vom ÖRK verringert. Die Ende der achtziger Jahre begonnene Verlagerung von einem - insbesondere im Blick auf die Finanzierung - "projektgebundenen" zu einem "programmorientierten" Ansatz wurde abgeschlossen, so dass die Mittel jetzt nicht mehr an einzelne "Projekte", sondern direkt in die Regionen überwiesen werden, wo sie grösseren Programmbereichen zugute kommen, die auf nationaler, regionaler oder weltweiter Ebene festgelegt werden und in Programmen auf Ortsebene Gestalt annehmen.

Drei von URM organisierte Konsultationen dienten dem Ziel, auf weltweiter Ebene über die Anliegen und Probleme von Menschen nachzudenken, die arm gemacht und ausgegrenzt worden sind:

  • Die Mission Gottes - fünfhundert Jahre Widerstand (Campo Grande/Brasilien, 1992) - eine Konsultation mit Vertretern/innen südamerikanischer Urvölker anlässlich des 500. Jahrestags der Eroberung durch Europa. Diskutiert wurden missiologische Erkenntnisse, die aus den Erfahrungen der Urvölker erwachsen sind, sowie die Bedeutung von Solidarität in diesem Kontext.

  • Gemeinwesenorganisation im Zeichen des Reiches Gottes (Seattle 1994) - eine Konsultation zur Prüfung und kritischen Bewertung von Gemeinwesenorganisation als der wichtigsten Arbeitsmethode von URM. Es wurden konkrete Beispiele von Gemeinwesenorganisation auf lokaler und nationaler Ebene ausgetauscht, die als Grundlage für das Gespräch miteinander dienten. Zwar wurde deutlich, dass es nicht nur ein einziges Modell für Gemeinwesenorganisation geben kann, aber es wurde dennoch als wichtig und möglich angesehen, gemeinsame Prinzipien zu formulieren.

  • Evangelium und Kulturen (Bangkok 1996) - eine "Synthese-Konsultation" zur Diskussion über die Ergebnisse von in den sechs Regionen durchgeführten Studien als Beitrag von URM zu der Studie "Evangelium und Kulturen". Der Schwerpunkt lag auf der Beziehung zwischen Kultur und Macht der Identitätssuche von ausgegrenzten Gemeinschaften und Minderheiten sowie den Folgen einer identitätszerstörenden Kultur der Globalisierung.

Die Weltmissionskonferenz in Salvador setzte sich mit theologischen Erkenntnissen auseinander, die die Arbeit von URM seit Canberra bestimmt haben, und diskutierte neue missiologische Fragestellungen. Themen wie die Bedeutung von Identität in Gemeinschaft, das Evangelium als Ausdruck einer Gegenkultur angesichts einer Kultur der Gewalt und der Ausgrenzung sowie die Auswirkungen der Globalisierung auf ausgegrenzte Gemeinschaften werden die zukünftige Arbeit von URM in Theorie und Praxis bestimmen.

EVANGELIUM UND KULTUREN

Die Vollversammlung in Canberra hatte in neuer Schärfe deutlich werden lassen, dass die Kirchen nicht umhin konnten, sich mit dem Thema "Evangelium und Kulturen" theologisch auseinanderzusetzen. Es war offensichtlich, dass es keine ökumenische Grundlage für ein gegenseitiges Verstehen gab, und man war sich zutiefst bewusst, dass die Welt sich in einem Prozess zunehmender Fragmentierung menschlicher Gemeinschaften befindet.

Die Kommission von Einheit II gab auf ihrer Tagung in Evian einen breit angelegten Studienprozess zum Thema "Evangelium und Kulturen" in Auftrag, mit dem Ziel (wie es später formuliert wurde), "die Bedeutung eines Evangeliums zu verstehen, das die Kulturen, die es vorfindet, sowohl herausfordert als auch durch sie herausgefordert wird, damit Kirchen und einzelne Christen authentisch leben und Zeugnis ablegen können. Ziel ist es, die Kirchen besser für ihre Mission und Evangelisation in den verschiedenen kulturellen Kontexten heute zuzurüsten." Fünf miteinander verbundene Themenbereiche wurden in dem Studienprozess zusammengefasst, der im Berichtszeitraum zu einem der herausragenden ÖRK-Programme werden sollte.

1. Historische Untersuchung der Frage, auf welche Art und Weise Evangelium und Kulturen an ausgewählten Orten aufeinandergetroffen sind. Während der vier Jahre, in denen das Programm lief, wurden mehr als zwanzig historische Studien über die Begegnung zwischen Evangelium und Kulturen von Einzelpersonen oder Gruppen durchgeführt. Achtzehn dieser Studien fanden weite Verbreitung in Form 40-60seitiger Broschüren in der Reihe WCC Gospel and Cultures Series.

2. Förderung neuer Untersuchungen über das Zusammenwirken von Evangelium und Kultur im Leben der Ortsgemeinden heute. Beteiligt an diesem Prozess waren Kirchen, ökumenische Einrichtungen, interessierte Gruppen und Kreise (wie die orthodoxen Kirchen, CMC und URM), kirchliche Organisationen (wie der Reformierte Weltbund und die Konferenz Europäischer Kirchen), theologische Einrichtungen und interessierte Einzelpersonen in fast 60 Ländern. Insgesamt gingen mehr als 110 Berichte, Stellungnahmen, Abhandlungen und andere Materialien ein, die speziell für die Studie ausgearbeitet worden waren. Ein kurzer Studienführer, zwei Videos und andere Materialien wurden hergestellt, um die Diskussionen in Gang zu bringen. Ein zusammenfassender Bericht über die Ergebnisse vieler dieser Studien diente als Grundlage für die Vorbereitung der Arbeit in den Sektionen auf der Weltmissionskonferenz in Salvador, und die vier Schwerpunkte des Studienprozesses wurden zu den Unterthemen der vier Sektionen auf der Konferenz.

3. Unterstützung der Kirchen beim interkulturellen Gedankenaustausch über dieses Thema. Es fanden zwei grössere Tagungen mit Leitern/innen von Missions-abteilungen und -werken statt, um den interkulturellen Austausch von Erkenntnissen und Erfahrungen im Blick auf die Begegnung von Evangelium und Kulturen in und zwischen kirchlichen Netzwerken zu fördern.

4. Entwicklung gemeinsamer Rahmenbedingungen für eine ökumenische interkulturelle Hermeneutik. Zusammen mit "Glauben und Kirchenverfassung" wurde gemeinsam mit einer Gruppe von Theologen/innen und Missiologen/innen, die dreimal in zwei Jahren zusammentraf, an der Entwicklung eines gemeinsamen Rahmens für interkulturelle Hermeneutik gearbeitet. Dabei konnten substantielle Fortschritte erzielt werden.

5. Sammlung von Dokumenten zur Beziehung zwischen Evangelium und Kulturen. Die Vielfalt von Materialien, die von den an der Studie beteiligten Gruppen und Einzelpersonen gesammelt wurden, ist klassifiziert und archiviert worden und stellt eine Dokumentation von unschätzbarem Wert für zukünftige Forschungsarbeiten zu diesem Thema dar. Die Arbeit an einer Zusammenstellung ausgewählter wichtiger Texte zu dieser Frage geht weiter. Von Bedeutung bleiben auch die hervorragenden Artikel zu verschiedenen Aspekten der Diskussion über "Evangelium und Kulturen", die von 1995 bis 1996 in der International Review of Mission erschienen sind.

Im Zusammenhang damit standen die Bemühungen um eine kontextuelle Lektüre der Bibel (in Fortführung des langjährigen ÖRK-Bibelstudienprogramms, das 1992 mit dem Ausscheiden des zuständigen Mitarbeiters beendet wurde). Auf einer Konsultation in Jamaika (1997), zu der eine repräsentative Gruppe von Personen, die sich im kirchlichen Kontext mit Bibelarbeiten befassen, zusammenkam, gaben alle Teilnehmenden ihre Reaktion auf eine bestimmte Bibelstelle wider, und die Gruppe als ganze setzte sich damit auseinander, wie einzelnen Christen und Ortsgemeinden geholfen werden könnte, dasselbe Evangelium in jeweils authentischer Weise zu leben.

Ganz eindeutig war die Zeit reif für das Thema "Evangelium und Kulturen". In vielen Fällen bestand die Aufgabe nur noch darin, das aufzugreifen, was bereits vor sich ging. Der Studienprozess wurde nicht als vom ÖRK aufgezwungen, sondern als Möglichkeit empfunden, sich auf einen Bereich zu konzentrieren, der ungeheures Potential für die Erneuerung der Ortsgemeinde und die Bedeutung ihres Zeugnisses in sich birgt - was einige Kirchen und ökumenische Einrichtungen (wie den Kanadischen Rat der Kirchen) dazu bewog, die Studie über die vier Jahre hinaus fortzuführen. Für ein Programm, an dem Gruppen in fast 60 Ländern mitarbeiteten, waren die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel sehr begrenzt; demgegenüber war der Beitrag, den Kirchen und Gruppen sowohl im Hinblick auf die aufgewendete Zeit als auch die zur Verfügung gestellten örtlichen Ressourcen leisteten, tatsächlich bemerkenswert.

Der Studie waren zugegebenermassen bestimmte Grenzen gesetzt. So war die vorgesehene Laufzeit zu kurz: einige Gruppen fingen praktisch erst bei Konferenzbeginn an, Interesse zu zeigen; andere stiegen erst infolge der Konferenz in die Diskussionen ein. Ferner gelang es weder, die orthodoxen Kirchen auf Ortsebene in grösserem Umfang zu beteiligen, noch, die Perspektiven von Urvölkern und armen Gemeinschaften in ausreichendem Masse einzubeziehen (die Studie wurde vorwiegend von Angehörigen der Mittelklasse durchgeführt); und sehr wenig Interesse war bei den zentralen Kirchenleitungen festzustellen.

Es steht zu hoffen, dass Mittel und Wege gefunden werden, um die Kirchen auch weiterhin zur Reflexion über Fragen zum Thema "Evangelium und Kulturen" zu bewegen, damit sie ein tieferes Verständnis von den kulturellen Zwängen gewinnen, mit denen die Christen in ihrem alltäglichen Leben konfrontiert sind, und von der Art und Weise, wie das Evangelium darauf eingeht.

Theologische Bedeutung anderer Religionen
Diese Studie, der in der Einheit grosse Bedeutung beigemessen wird, wurde in Zusammenarbeit mit dem ÖRK-Büro für interreligiöse Beziehungen durchgeführt. Eine erste internationale Konsultation (1993) diente dem Zweck, eine Bestands-aufnahme der bis dahin geleisteten Arbeit vorzunehmen, noch offene Fragen zu definieren und Mittel und Wege zu finden, wie der ÖRK sie angehen könnte; im folgenden wurden einige dieser Anliegen auf regionaler Ebene, beginnend mit Südasien, untersucht. Angesichts der untrennbaren Beziehung zwischen Religion und Kultur wurden Fragen der religiösen Pluralität in die Studie "Evangelium und Kulturen" aufgenommen und auf der Weltmissionskonferenz in Salvador in mehreren Zusammenhängen untersucht.

Konferenz für Weltmission und Evangelisation
In enger Verbindung mit der Studie "Evangelium und Kulturen" stand ein anderer wichtiger Schwerpunkt in der Arbeit der Einheit, nämlich die Vorbereitung und Durchführung (im November-Dezember 1996) der elften Konferenz für Weltmission und Evangelisation (CWME) in Salvador, Bahia in Brasilien zu dem Thema "Zu einer Hoffnung berufen das Evangelium in verschiedenen Kulturen". Die Weltmissionskonferenzen des ÖRK werden alle acht bis zehn Jahre abgehalten, um "die Gemeinschaft der Christen in ihrem Bemühen (zu) unterstützen, das Evangelium von Jesus Christus in Wort und Tat der ganzen Welt zu verkündigen, damit alle Menschen an ihn glauben und gerettet werden". Der weltumspannende Studienprozess "Evangelium und Kulturen" erreichte an der Konferenz einen Punkt, an dem die verschiedenen Aspekte und Erkenntnisse zusammenliefen, so dass er zur Analyse der Missionssituation und zur Formulierung des Wesens des christlichen Zeugnisses an der Schwelle zum neuen Jahrtausend beitragen konnte.

An den intensiven Vorbereitungen, mit denen der von der Kommission ernannte Planungsausschuss 1994 begann, waren letzten Endes nicht nur alle Mitarbeiter/innen von Einheit II, sondern auch viele Kollegen/innen aus anderen Einheiten des ÖRK sowie anderen Einrichtungen beteiligt.

Die Konferenz fand in der historischen Stadt Salvador im Nordosten Brasiliens statt früher einer der wichtigsten Anlaufhäfen für den Sklavenhandel, heute eine Stadt mit einer Fülle afro-brasilianisch geprägter kultureller und religiöser Ausdrucksformen. An der Konferenz waren 574 Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus 98 Ländern (und rund 160 Mitgliedskirchen) und eine Vielzahl von Kulturen vertreten, die intensiv in Kontakt miteinander traten und darüber diskutierten, welche Wechselbeziehung zwischen Evangelium und Kultur besteht, d.h. inwiefern die Kultur die Antwort der Christen auf die Verkündigung Christi prägt und wie die Christen in ihrem jeweiligen Kontext authentisch Zeugnis ablegen können. Zu den Stärken und Höhepunkten der Konferenz gehörten:

  • die starke Beteiligung des Südens, einschliesslich der Urvölker sowie Menschen afrikanischer Abstammung;
  • die wichtige Rolle von Frauen sowie ihrer Erfahrungen und Beiträge im Leben ihrer Kirchen und Gemeinschaften;
  • die Begegnung mit einer grossen Vielfalt kultureller Ausdrucksformen des Evangeliums im "Regenbogenfest des Evangeliums in den Kulturen" und in den 27 Encontros (Begegnungen), in denen nationale und regionale Problembereiche vorgestellt wurden;
  • tägliche Bibelstudien (in kleinen Gruppen) und Gottesdienste;
  • der denkwürdige und bewegende Gottesdienst am berüchtigten Sklavendock in Salvador, wo bis Ende des 19. Jahrhunderts sechs bis zwölf Millionen Sklaven und Sklavinnen abgeladen und verkauft wurden.

Das Konferenzthema wurde von Metropolit Kirill von Smolensk und Kaliningrad und Dr. Musimbi Kanyoro aus Kenia entfaltet; weitere Ausführungen dazu gab es im Rahmen von zwei Podiumsdiskussionen über die interkulturelle Auslegung der Bibel sowie über Fragen der Evangelisation in verschiedenen Kulturen. Die Diskussionen fanden hauptsächlich in vier Sektionen statt:

  • Authentisches Zeugnis in jeder Kultur;
  • Evangelium und Identität in Gemeinschaft;
  • Ortsgemeinden in pluralistischen Gesellschaften;
  • Ein Evangelium - verschiedene Ausdrucksformen.

Die Konferenz verabschiedete eine Botschaft, und die Teilnehmenden gingen sieben konkrete "Akte der Verpflichtung" ein. Die Sektionsberichte fanden weite Verbreitung, und der offizielle Bericht steht ebenfalls zur Verfügung. Diese Konferenzergebnisse haben das Potential, Einfluss auf ein neues Missionsverständnis zu nehmen, das von der Gemeinschaft der Menschen mit Gott und miteinander in Christus in einer zunehmend gespaltenen Welt geprägt ist.

Zu dem Beitrag, den die Konferenz zur Entwicklung des Missionsgedankens in Theorie und Praxis geleistet hat, gehört u.a., dass sie Fortschritte in ihrem Verständnis von Kultur einerseits und von Religion als integralem Bestandteil von Kultur andererseits gemacht hat. Sie betonte die Notwendigkeit eines positiven Verständnisses von Kultur, verwies aber auch wiederholt auf die Ambivalenz, die jede Kultur in sich trägt. Eine Kultur kann und muss, insbesondere im Hinblick auf ihre lebensfeindlichen Elemente, herausgefordert werden.

Genauso stark wurden die Notwendigkeit und das Recht betont, den Glauben in jeder Kultur kontextgemäss zu leben und zu feiern; ferner wurde implizit anerkannt, dass jede Inkulturation in gewissem Masse synkretistisch ist. In Salvador wurde über Kriterien diskutiert, wie das Wirken des Geistes in den verschiedenen Kulturen erkannt werden könnte, und es wurde dazu aufgerufen, jegliches aggressive Vorgehen gegen die Spiritualität von Urvölkern einzustellen.

Die Konferenz bekräftigte die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Missionsverständnisses sowie die grundlegende Berufung der Kirchen, Einheit in der Mission in Beziehungen zum Ausdruck zu bringen, die von gegenseitiger Rechenschaftspflicht geprägt sind, und Formen zu finden, die alle Aspekte des Lebens einschliessen.

Die Vorbereitungsprozesse, die zu Salvador hinführten, und die Reflexionsarbeit auf der Konferenz selbst bieten viel Stoff für die zukünftige Reflexion und Arbeit zum Wesen des christlichen Missionsgehorsams.

CMC - KIRCHLICHE GESUNDHEITSARBEIT

Der ÖRK hat sich auch weiterhin mit Nachdruck für ein Verständnis von Gesundheit, Heilen und Ganzheit eingesetzt, das diese als eine wesentliche Dimension der göttlichen Verheissung von Versöhnung in der Welt begreift. In einem globalen Kontext, in dem das Leben wertlos geworden ist und eine Kultur des Todes vorherrscht, sind die Kirchen aufgrund dieses Verständnisses zu einer klaren Formulierung ihres heilenden Amtes aufgerufen. Die Aufgabe der Einheit in diesem Bereich bestand daher im grossen und ganzen darin, die Kirchen in diesem Sinne zu ermutigen und handlungsfähig zu machen.

Abnehmende Finanzmittel und die damit verbundene Notwendigkeit einer Neubestimmung der Arbeitsschwerpunkte des ÖRK führten zu einer ernsthaften Kürzung der Programme in diesem Bereich. Dennoch wurde wichtige Arbeit geleistet, und in der zukünftigen Struktur des ÖRK werden Gesundheit und Heilen weiterhin ihren festen Platz haben. In der Programmarbeit wurden folgende Schwerpunkte gesetzt:

Befähigung der Kirchen zum heilenden Amt. Während ein Teil der Arbeit im Rahmen von Seminaren stattfand - wie z.B. dem Seminar in Bossey (1992) zum Thema "Medizin und Theologie: Können sie zusammenkommen?" -, lag der Hauptakzent dieses Programms darauf, Kirchen zur Untersuchung von partizipatorischen Handlungsmodellen in ihren Ortsgemeinden zu befähigen und dabei zu begleiten. Die Stärke dieser Methode lag darin, dass die Menschen durch die Diskussion und Analyse konkreter Fragen in die Lage versetzt wurden, aktiv Veränderungen herbeizuführen. Ermutigende Ergebnisse brachte die Zusammenarbeit von Kirchen und Einrichtungen in Uganda, Tansania und Zaire (jetzt Demokratische Republik Kongo), und diese Ergebnisse wurden durch Studienbesuche von Personen aus dem Süden im Süden - d.h. aus anderen Regionen des Südens in Afrika noch vervielfacht.

Besondere Anliegen, wie Menschenrechte und die unsicheren Lebensbedingungen von Frauen, wurden auf speziellen Tagungen, wie auf der Tagung in Phnom Penh (1994), behandelt. Darüber hinaus wurden im Rahmen der Ökumenischen Dekade "Kirchen in Solidarität mit den Frauen" Projekte mit dem Schwerpunkt Frauen und Gesundheit unterstützt.

Aus- und Weiterbildung für gemeinschaftsbezogene Gesundheitsarbeit. Einen Schwerpunkt in den Bemühungen um Aus- und Weiterbildung stellte die Ausbildung von Gesundheits- und Gemeinwesenarbeitern/innen - hauptsächlich in Afrika und Lateinamerika - dar, deren Hauptaufgabe in der Anleitung anderer Menschen besteht.

Besondere Anstrengungen wurden in Zusammenarbeit mit der Pazifischen Konferenz der Kirchen unternommen, um im Rahmen von gemeinschaftsbezogenen Projekten ein Bewusstsein für die Herausforderungen im Gesundheitsbereich zu wecken. 1993-1994 wurde eine Reihe von Seminaren in Tonga, Kiribati und auf den Cook Islands veranstaltet, um Probleme der Gesundheitsversorgung (insbesondere im Hinblick auf HIV/AIDS) zu erkennen, nach Mitteln und Wegen des Miteinander-teilens von Ressourcen zu suchen und Follow-up-Mechanismen einzurichten.

Intensiv begleitet und unterstützt wurden auch verschiedene Koordinierungs- und Netzwerkprojekte. So wirkte das Gesundheitsteam bei der Einrichtung von Afri-CAN, einem Netzwerk von Gesundheitseinrichtungen, -zentren und -gruppen in Afrika mit und half dem Lateinamerikanischen Rat der Kirchen, sein Programm für gemeinschaftsbezogene Gesundheitsarbeit und Umweltfragen einzurichten.

Informationsarbeit zu Fragen der Gesundheit und des Heilens. Contact, die einem breiten Leserkreis bekannte Veröffentlichung der Einheit zu Gesundheitsfragen, hat sich als hervorragendes Instrument erwiesen, um gemeinschaftsbezogene Gesundheitsarbeit zu fördern und zur Diskussion über das Wesen des kirchlichen Amtes im Bereich Gesundheit und Heilen anzuregen. Diese Zeitschrift erscheint sechsmal im Jahr auf Englisch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch (Auflage von 15000) und berichtet über aktuelle, innovative und mutige Ansätze zur Förderung von Gesundheit und integrierter Entwicklung.

Die Einheit hatte gehofft, dass der ÖRK die Veröffentlichung von Contact fortführen könnte, aber aufgrund finanzieller Erwägungen und des bevorstehenden Ausscheidens der zuständigen Mitarbeiterin wird nach einer dezentralisierten Lösung gesucht. Die Einheit prüft gegenwärtig eine Option, die es erlauben würde, Contact im Rahmen eines multilateralen partnerschaftlichen Projekts zu veröffentlichen, in dem der ÖRK weiterhin mitwirken würde.

Koordinierung kirchlicher Gesundheitsdienste. Seit seiner Einrichtung bestand eines der Hauptanliegen des ÖRK-Gesundheitsprogramms darin, die Zusammenarbeit zwischen kirchlichen Gesundheitsdiensten in den Ländern des Südens zu fördern und die Rolle der von den Kirchen gegründeten Gesundheitskoordinierungsstellen zu stärken. Bei der Erfüllung dieser Aufgabe hat die Einheit verstärkt Besuche bei christlichen Gesundheitsdiensten (CHAs) durchgeführt, Kontakte mit Gebern und im Gesundheitsbereich tätigen Organisationen intensiviert, sich an der Evaluierung besonderer Aspekte der Gesundheitsdienste beteiligt, am Informationsaustausch teilgenommen und auf internationalen Gesundheitsforen die Perspektive der Kirchen eingebracht. Ein kleiner, aber wichtiger Erfolg war die Veröffentlichung eines Verzeichnisses der CHAs (1996).

Eine internationale Konsultation der Gesundheitskoordinierungsstellen fand 1995 in Tansania statt und knüpfte an Entscheidungen an, die auf einer ähnlichen Tagung 1991 in Neu Delhi getroffen worden waren. Die Teilnehmenden setzten sich intensiv mit christlichen Werten und Perspektiven zu Fragen der Gesundheit und des Heilens in Zeiten wirtschaftlicher Depression und struktureller Anpassungsprogramme auseinander und verpflichteten sich zu stärkerer gegenseitiger Unterstützung.

Zusätzlich wurden die Leiter/innen christlicher und konfessioneller Gesundheitsdienste in Westafrika 1996 zu einer Tagung in Togo eingeladen, um über nationale Gesundheitssysteme und den Beitrag, den die Kirchen dazu leisten, zu diskutieren. Besondere Aufmerksamkeit wurde dabei dem multireligiösen Kontext geschenkt, in dem diese Programme funktionieren.

Eine auf drei Jahre anberaumte Untersuchung ausgewählter kirchlicher Gesundheitseinrichtungen in elf Ländern Afrikas und Asiens verfolgte das Ziel, herauszufinden, was diese Einrichtungen in ihrer jeweiligen sozio-ökonomischen Situation mit all ihren Zwängen tragfähig macht. Die Studie versuchte, Modelle und Faktoren zu erkennen, die auf wahrscheinlichen "Erfolg" schliessen lassen, - aufzuzeigen, was die "Besten" besser machen und wie sie es machen. Es wird erwartet, dass der Bericht, der Ende 1998 veröffentlicht wird, von besonderem Nutzen für "Risiko-Krankenhäuser" sein wird.

Pharmazeutisches Programm. Das Gesundheitsteam führte im Rahmen des pharmazeutischen Programms ein beeindruckendes Arbeitsprogramm durch. Ziel dieses Programms ist es, auf Probleme im Zusammenhang mit essentiellen Arzneimitteln aufmerksam zu machen und Schulungsprogramme zum sinnvollen Umgang mit Medikamenten zu fördern. Das Programm intensivierte, vor allem in Afrika, die Begleitung von Kirchen, die mit Fragen wie der Privatisierung der Gesundheitsversorgung, Medikamentenspenden, der Verwaltung von Medikamentenbeständen und der gemeinsamen Beschaffung von Medikamenten konfrontiert sind. Einen Arbeitsschwerpunkt stellte auch die Personalentwicklung vor Ort dar, die im Rahmen von Länder-Workshops gefördert wurde.

Aus finanziellen und anderen Gründen wurde beschlossen, dieses sehr effiziente Programm nach Afrika zu verlegen und es als Gemeinschaftsprogramm, das von einem Netzwerk von Partnern getragen wird, weiterzuführen. Seit Juni 1997 arbeitet das pharmazeutische Programm von Nairobi aus, unterhält aber weiterhin Arbeitsbeziehungen mit dem ÖRK.

HIV/AIDS-Studie
Die HIV/AIDS-Studie, die 1994 vom Zentralausschuss in Auftrag gegeben wurde, war eine der bemerkenswertesten Leistungen der Einheit im Berichtszeitraum. Der ÖRK hatte bereits zuvor umfassende Beziehungs- und Programmarbeit in diesem Bereich geleistet, aber die Studie wurde in einen sehr viel breiteren Rahmen gestellt, da die Kirchen um Unterstützung im Umgang mit der Angst, dem Leid und dem Unwissen im Zusammenhang mit HIV/AIDS ersucht hatten. Die Beratungsgruppe, die mit der Durchführung der Studie beauftragt war, beraumte den Studienprozess auf zwei Jahre an. In Untergruppen wurden die Themen Theologie und Ethik, Seelsorge und die Kirche als heilende Gemeinschaft sowie Gerechtigkeit und Menschenrechte behandelte. Jede Untergruppe legte ihre eigene Arbeitsmethode fest, stützte sich aber auch auf die von anderen geleistete Arbeit und bezog von AIDS betroffene Gemeinschaften und Einzelpersonen ein.

Im Endstadium des Studienprozesses beschloss die Kommission, dass eine kurze Erklärung zu HIV/AIDS - zur Weiterleitung an die Kirchen - vorbereitet werden solle, und im September 1996 nahm der Zentralausschuss die Erklärung "Die Auswirkungen von HIV/AIDS und die Antwort der Kirchen" an und leitete das Studiendokument an die Kirchen weiter.

Love in a Time of AIDS: Women, Health and the Challenge of HIV von Gillian Paterson wurde in der Risk-Book-Reihe des ÖRK veröffentlicht, und 1998 soll ein HIV/AIDS-Studienführer für den Gebrauch in den Gemeinden herausgegeben werden. Fragen im Zusammenhang mit HIV/AIDS standen auch im Mittelpunkt einer Reihe von Konsultationen, auf denen untersucht wurde, wie die Kirchen auf diese ungeheure Herausforderung reagieren. Von besonderer Bedeutung waren in diesem Zusammenhang Konsultationen mit den Kirchen in Rumänien (1997) und mit Vertretern orthodoxer Kirchen in Afrika (1998).

Zwar stellt die Einheit den Kirchen, wenn sie darum ersucht wird, auch weiterhin Hintergrundmaterial zur AIDS-Problematik zur Verfügung, aber der wirkliche Erfolg in diesem Bereich liegt darin, dass die Kirchen diese Arbeit jetzt grösstenteils selbständig leisten.

BILDUNGSARBEIT FÜR DAS GANZE VOLK GOTTES

Die Einheit konnte sich bei der Erfüllung ihres Auftrags, "mit den Kirchen (zusammenzuarbeiten), um es dem ganzen Volk Gottes zu ermöglichen, im Glauben zu wachsen zum gemeinsamen Zeugnis und Dienst in der Welt" auf einen grossen Fundus von Aktivitäten im Bildungsbereich stützen, die im ÖRK und über den ÖRK durchgeführt worden waren, und sie führte diese Arbeit mit einer ganzen Reihe wichtiger Projekte fort.

Christliche Bildungsarbeit in Mittel- und Osteuropa. Das Bildungsprogramm griff das während der Tagung des Zentralausschusses in Moskau (1989) zum ersten Mal an den ÖRK gerichtete dringliche Ersuchen der Kirchen in Mittel- und Osteuropa um koordinierte Unterstützung durch die ökumenische Familie auf, da diese Kirchen in der Zeit nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems dringend Hilfe im Bereich Bildung und Ausbildung benötigten.

Es wurde ein Programm konzipiert, in dessen Anfangsstadium den orthodoxen Kirchen Priorität eingeräumt wurde und das drei Arbeitsschwerpunkte verfolgte:

  • Curriculumentwicklung: Ein grösseres Symposium, an dem Vertreter der östlichen- und orientalisch-orthodoxen Kirchen teilnahmen, fand 1994 auf Zypern statt mit dem Ziel, den Zustand der christlichen Bildungsarbeit in den Kirchen in der Zeit nach dem Kommunismus zu analysieren, über bereits erreichte und zukünftige Ziele zu diskutieren und Richtlinien für Lehrinhalte der orthodoxen religiösen Bildungsarbeit zu erarbeiten.

  • Ausbildung von Führungskräften/Lehrern: Zehn Personen nahmen im Sommer 1994 an einem einmonatigen Begegnungsprogramm teil: sie gingen in Gemeinden und Klöster, nahmen an Workshops teil und besuchten ein Institut für Liturgie und Seelsorge in den USA mit dem Ziel, ihre Perspektiven und Fähigkeiten zu erweitern und Multiplikatoren dieser Erfahrung zu werden.

  • Ausbildung in der Unterrichtsvorbereitung für Kurse: Religionslehrer/innen und Verfasser/innen von Lehrmaterial kamen in einem Workshop in Finnland (1995) zusammen, um die konkrete Planung, Ausarbeitung und Durchführung von Unterrichtsstunden mit pädagogischen Theorien und Methoden zu untermauern.

Alle diese Anstrengungen trugen zu den wichtigen Fortschritten bei, die mehrere orthodoxe Kirchen im Hinblick auf die Erfüllung ihres Bildungsauftrags erzielten. Leider musste die Zusammenarbeit mit anderen Kirchen in der Region bis zu einer Verbesserung des ökumenischen Klimas vor Ort zum grossen Teil aufgeschoben werden. Die konsequenten Bemühungen in Polen und der Tschechischen Republik führten jedoch dazu, dass dort wichtige Initiativen ergriffen werden konnten.

Es wird davon ausgegangen, dass dieses Programm mit der Gründung eines interorthodoxen Dokumentations- und Ausbildungszentrums 1999 in die Verant-wortung der orthodoxen Kirchen übergehen kann.

Christliche Bildungsarbeit in religiös und kulturell pluralistischen Gesellschaften. Die Aufgabe, christliche Identität in einem pluralistischen Kontext zu bekräftigen und gleichzeitig offen und sensibel für Menschen anderer Religionen zu sein, ist in den letzten Jahren zu einem Hauptanliegen in der Bildungsarbeit vieler Kirchen geworden. Die Einheit hat eine führende Rolle darin gespielt, neue Ansätze bei der Erfüllung dieser Aufgabe zu fördern. Das Programm der Einheit bestand aus zwei Teilen: zum einen richtete es sich an Sonntagsschullehrer/innen, Religions-lehrer/innen in den Schulen, Lehrer/innen in der Erwachsenenbildung, Gemeinde-arbeiter/innen, Verfasser/innen von Lehrplänen und Dozenten/innen in Seminaren; zum anderen an Frauen, die sich in verschiedenen Bereichen der Frauenarbeit spezialisieren, berufstätige Frauen und Hausfrauen, die alle in interreligiösen Kontexten leben.

1994 und 1995 fanden Tagungen im Nahen und Mittleren Osten, in Afrika, Asien, den USA, Europa und in den zentralasiatischen Republiken statt. Besondere Erwähnung verdient die Tagung in Taschkent, auf der zum ersten Mal führende christliche und muslimische Kirchenvertreter/innen und Lehrer/innen zusammen-kamen, um darüber zu diskutieren, wie die Angehörigen der beiden Religionen etwas über den jeweils anderen Glauben lernen könnten, und um einen entsprechenden Ausbildungs- und Schulungsprozess in Gang zu setzen. Die nächste Phase in dieser Arbeit mit den Regionen wird darin bestehen, den Kirchen zu helfen, Modelle und Ansätze interreligiöser Bildungsarbeit zu entwickeln.

Fruchtbare Arbeit wurde auch im Rahmen des Programms für christlich-muslimische Beziehungen in Afrika (Procmura) geleistet, das Treffen und Workshops für christliche und muslimische Frauen von der Basis unterstützte. Diese Treffen und Workshops dienten dazu, über religiöse und andere Aspekte der Gesundheit von Frauen zu diskutieren, und den Frauen zu helfen, mit Menschen anderer Religionen zusammenzuleben.

Darüber hinaus unterstützte das Bildungsteam auch weiterhin - sowohl in personeller als auch in fachlicher Hinsicht - eine Reihe von Institutionen, Ausbildungsträgern und ökumenischen Einrichtungen bei der Ausarbeitung pädagogischer Methoden und Lehrpläne für multireligiöse Kontexte.

Orthodoxe Spiritualität und Frauenbilder. In Zusammenarbeit mit dem Ökumenischen Institut Bossey arbeitete das Bildungsprogramm eine Reihe von drei Seminaren aus, an denen orthodoxe und nicht-orthodoxe Frauen (sowie einige Männer) teilnahmen, um voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu unterstützen. Das letzte Seminar (1997) fand zu dem Thema "Autorität und die Gemeinschaft von Frauen und Männern in der Kirche" statt. Einen wichtigen Platz nahm das Miteinanderteilen von Erfahrungen des täglichen Lebens ein, wobei Frauen Geschichten über das spirituelle Leben in ihrem jeweiligen Kontext erzählten.

Familienbildung. Die Programmarbeit in diesem Bereich wurde bis 1994 fortgeführt, als das zuständige Stabsmitglied den ÖRK verliess; die Einheit nahm dies zum Anlass, die Natur ihrer Arbeit im Bereich Familienbildung zu überprüfen. Im Anschluss an diese Evaluierung wurde beschlossen, die Stelle nicht neu zu besetzen. Ein Handbuch für Seelsorger/innen mit dem Titel "Crisis and Caring in the Family" wurde 1993 veröffentlicht.

Im Berichtszeitraum fanden zwei wichtige Tagungen zu Fragen der Familienbildung statt. Die erste Tagung (1995) war einigen der dringlichsten Anliegen im Blick auf die Familie gewidmet. Die zweite (1997) befasste sich mit den Strategien, Methoden und Materialien, die von den Kirchen im Bereich der Familienbildung eingesetzt werden, und prüfte, wie die Verantwortlichen in der Familienbildung in ihrer Region und darüber hinaus in Verbindung miteinander treten und welche Ratschläge denen gegeben werden könnten, die Programme in diesem Bereich entwickeln oder einrichten.

Erwachsenenbildung. Aufbauend auf dem Erbe, das Paulo Freire in der Alphabetisierung von Erwachsenen und der "Erziehung zur Befreiung" hinterlassen hat, begleitete dieses Programm eine Reihe von Initiativen zur Erwachsenenbildung, insbesondere im Süden. Ferner unterstützte es Projekte im Bereich der Ausbildung von weiblichen und jugendlichen Führungskräften, der Erziehung zur Demokratie und der Evaluierung von Methoden der Volksbildung.

Im Rahmen eines grösseren Projekts wurden 1994 Methoden der Volksbildung in Afrika, Asien und Lateinamerika ausgewertet. Ein wichtiges "Nebenprodukt" dieses Projekts war eine einheitsübergreifende Konsultation (1995), die zu einem Bericht mit dem Titel "Living in Spaces with Open Doors" führte, der auf mögliche Perspektiven der Erwachsenenbildung einging und die Bedeutung kultureller Vielfalt in der Erwachsenenbildung, insbesondere im Blick auf Frauen, hervorhob.

Aufgrund der Überschneidung dieses Programms mit ähnlichen Programmen in anderen Einheiten (insbesondere Einheit III) und der finanziellen Krise wurde der Beschluss gefasst, die Anfang 1996 frei werdende Stabsstelle für dieses Programm nicht mehr neu zu besetzen. Es steht zu hoffen, dass der Arbeitsschwerpunkt dieses Programms in der Zeit nach der Vollversammlung neu formuliert wird.

Netzwerkarbeit und gemeinsame Initiativen. In den letzten Jahren hat es eine bemerkenswerte Ausweitung der Kontakte und des Austauschs mit Bewegungen, Institutionen und Einrichtungen gegeben, die im Bildungsbereich tätig sind. Von besonderer Bedeutung war dabei ein Treffen mit Oberinnen und Oberen religiöser Kongregationen in Rom (1996), auf dem über die Ziele kirchlicher Bildungs-einrichtungen diskutiert wurde. Die Arbeit, die auf dieser vom Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen ausgerichteten Tagung begonnen wurde, wird Mitte 1998 auf einer zweiten Tagung in Genf fortgeführt werden.

Education Newsletter. Die Einheit hat auch weiterhin zwei- bis dreimal pro Jahr den Education Newsletter veröffentlicht, um das Nachdenken über Fragen der Bildungsarbeit zu fördern. Der Newsletter, der 1997 evaluiert wurde, behandelt normalerweise ausgewählte Themen, und dieser Ansatz scheint bei seinem breit gefächerten Leserkreis gut anzukommen. Gegenwärtig wird erwogen, den Newsletter und andere Materialien zu Bildungsfragen im Internet zu veröffentlichen.


Im vorliegenden Bericht ist versucht worden, die wesentlichen Aspekte der Arbeit darzustellen, die die Einheit in einer durch weitreichende Veränderungen und Anpassungen geprägten Zeit geleistet hat. Obwohl die Personalkürzungen dazu geführt haben, dass viele wichtige Arbeitsbereiche gekürzt oder umorientiert wurden, ist es der Einheit gelungen, ihre wesentlichen Aufgaben in sinnvoller Weise zu erfüllen.

Gegenwärtig laufen intensive Diskussionen und Vorbereitungen, um einen reibungslosen Übergang in die neue ÖRK-Struktur zu gewährleisten und so dafür zu sorgen, dass der in langer Arbeit erworbene Reichtum an Erfahrungen und Erkenntnissen in neuen und kreativen Formen zum Ausdruck kommen kann, damit die Kirchen und die ökumenische Bewegung an der Schwelle zum neuen Jahrtausend Nutzen daraus ziehen können.



Zurück zur Homepage der 8. Vollversammlung und des 50. Jubiläums

droits d auteur 1998
Oekumenischer Rat der Kirchen. Fur Kommentare